Zur Saison 1927/28 erfolgte eine Umstrukturierung der obersten Spielklasse im Süddeutschen Fußballverband und aus fünf eingleisigen wurden vier zweigleisige Bezirksligen. Die Mannschaften der bisherigen Bezirksligen Rhein, Main und Rheinhessen-Saar wurden so neu aufgeteilt in die beiden neuen Ligen Rhein-Saar und Main-Hessen. Wormatia spielte fortan in der letztgenannten (Gruppe Hessen), u.a. mit den bisherigen Gegnern Mainz 05, SV Wiesbaden, Hassia Bingen und Alemannia Worms, die in der Vorsaison den Wiederaufstieg geschafft hatten. Den starken Konkurrenten FV Saarbrücken war man damit los und konnte so am Saisonende endlich mit fünf Punkten Vorsprung vor Mainz 05 die heißersehnte Meisterschaft feiern. Damit war das kleine Worms auch erstmals bei der Süddeutschen Meisterschaft vertreten und Wormatia plötzlich in aller Munde. Tausende Wormser empfingen die von den entscheidenden Spielen in Bingen und Höchst zurückkehrende Mannschaft am Bahnhof und jubelten ihr zu, die Gesänge waren bis spät in die Nacht hinein zu hören. Über die Meisterfeier berichtet die Festschrift:
„Der 1. Januar 1928 versammelte in dem übervollen Karpfensaale Verein und Freunde zu einer erhebenden Meisterschaftsfeier. Ein Bankett im Bahnhofhotel vereinigte prominente Bürger von Worms mit unserer Mannschaft und auch diese Veranstaltung bestätigte uns, daß endlich der Sportgedanke in allen Schichten unserer Wormser Bevölkerung durchgedrungen ist.“
Vgl. Die Geschichte des Vereins für Rasenspiele 08 e.V. Worms a. Rh., in: Festschrift zum 20jährigen Jubiläum des V.f.R. Wormatia 08 e.V. Worms a. Rh., Worms, Deutschland: Wormser Nachrichten Inh. R. Lokay, 1928, S. 26
Spielertrainer Ludwig Philipp konnte sich bekanntermaßen nicht für Siegesfeiern erwärmen. Auch nach großen Auswärtssiegen drängte er sich „frogts die andern!“ knurrend immer als erster durch die wartende Menge am Wormser Bahnhof, ging schnurstracks heim, kochte sich einen Kessel Kaffee und legte sich aufs Ohr.
Die Meisterschaft stellte Wormatia aber auch vor ein Problem, denn das neue für 18.000 Zuschauer ausgelegte Stadion an der Alzeyer Straße war noch nicht fertig, der Platz am Schweißwerk für die Spiele um die Süddeutsche Meisterschaft aber viel zu klein. Es blieb nichts anderes übrig als trotzdem umzuziehen, auch wenn das neue Spielfeld noch nicht richtig angewachsen war und Schäden am Rasen erwartungsgemäß nicht ausblieben.
Die Süddeutsche Meisterschaft wurde 1927/28 erstmals mit 24 Mannschaften in drei zeitgleichen Runden ausgespielt. In der Meisterrunde trafen die acht Bezirksligameister in Gruppenspielen aufeinander, an deren Ende der Erst- und Zweitplatzierte für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifiziert waren. In zwei weiteren Achter-Runden (Südost und Nordwest) trafen die Vizemeister und Drittplatzierten der Bezirksligen aufeinander, die beiden Tabellenersten spielten dann am Ende den dritten Teilnehmer für die Endrunde aus.
Wormatia traf in der Meisterrunde auf Eintracht Frankfurt, SpVgg Fürth, Karlsruher FV, Bayern München, Stuttgarter Kickers, SV Waldhof und FV Saarbrücken. Beim ersten Auftritt am 2. Weihnachtsfeiertag 1927 machte Wormatia gleich von sich reden: Bei Bayern München, bereits damals süddeutsche Extraklasse, holte man ein 2:2 und die Sportkritiken lobten das Wormser Können, was Wormatia mit einem Schlag großes Renommee einbrachte. Im zweiten Spiel konnte im Wormatia-Stadion vor 7.000 Zuschauern ein 3:2-Sieg gegen die Stuttgarter Kickers bejubelt werden und beim 0:0 gegen die SpVgg. Fürth kamen schon 12.000. Die Zuschauerzahlen wuchsen und am 18. März 1928 beim 1:2 gegen Bayern München war das Stadion mit 15.000 Zuschauern fast ausverkauft. Wormatia schlug sich angesichts der Konkurrenz ganz gut in der „Süddeutschen“, von Ausrutschern beim SV Waldhof (2:7) und Karlsruher FV (1:9) einmal abgesehen, und landete am Ende punktgleich mit den Stuttgarter Kickers auf Platz 5.
Von nun an begann die Zeit der „Wormatia-Schießbude“, wie Sportjournalist Richard Kirn den legendären und gefürchteten Innensturm mit Ludwig Philipp, Ludwig Müller und Willi Winkler nannte. Die beiden letztgenannten spielten oft in der Auswahlmannschaft Süddeutschlands und Winkler drehte einmal in Düsseldorf ein Spiel gegen den Westen im Alleingang, indem er nach 0:3-Pausenstand alle Tore zum 4:3-Endstand erzielte. Ganz besonders stolz war man natürlich auf Winklers Nominierung für die Nationalmannschaft. Sein Einsatz beim 2:0-Sieg in Oslo gegen Norwegen im September 1928 blieb jedoch sein einziger, gegen die Blockbildung aus Nürnberg und Fürth kam er als Außenseiter nicht an. Mit diesen Kalibern konnte Wormatia den soeben errungenen Meistertitel auch in den Folgejahren 1928/29, 1929/30 und 1930/31 souverän verteidigen und wurde Dauergast bei der Süddeutschen Meisterschaft. Dort kam man allerdings nicht allzu weit, landete 1929, 1930 und 1931 nur auf dem vorletzten Platz, dafür aber 1932 und 1933, dank einer Neuverteilung abgetrennt von den übermächtigen Mannschaften aus Nürnberg, Fürth und München, jeweils auf einem respektablem dritten Platz. Für eine Qualifikation zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft reichte es jedoch nie.
Zahlreiche Freundschaftsspiele gegen Vereine aus ganz Deutschland machten Wormatia weiter bekannt, so gab es ein 7:1 gegen den westdeutschen Meister Köln-Sülz (einem der Vorgänger des 1.FC Köln) oder ein 3:1 gegen Altona 93. Und 1930 reisten die Wormaten auf Einladung des französischen Meisters Cercle Athlétique de Paris sogar ins Ausland und unterlagen dort knapp mit 4:5.
Spielertrainer Philipp arbeitete und feilte verbissen an seiner Mannschaft, schulte auch den gut veranlagten Nachwuchs und sicherte so auf Jahre hinaus „Nachschub“ für die oberen Mannschaften. Groß war daher auch die Lücke, die Ludwig Philipp nach seinem Weggang 1931 hinterließ. Fritz Pölsterl, von 1860 München gekommen, konnte sie nicht schließen und wurde nach einem Jahr durch den tatkräftigen Engländer Curtis Booth, einem ehemaligen Berufsfußballer bei Newcastle United und Norwich City, abgelöst.
Eine nach der Machtübernahme der Nazis im 1933 eingeleitete umfassende Reform des Spielbetriebes beendete schließlich die knapp 40jährige Tradition der Süddeutschen Meisterschaft und brachte noch weitere Änderungen mit sich.