Foto: Karin Flesner
19 Jahre lang war Marcel Gebhardt ein Wormate. Erst als Spieler, dann als Sportlicher Leiter und bis zuletzt als Sportvorstand. Als Spieler der AH und Fan bleibt er seinem Verein auch weiterhin treu, doch heute ist sein letzter Amtstag. Ein Interview zum Abschied.
Marcel, du bist damals als Talent vom 1.FC Köln gekommen, warst in der eher unglücklichen Saison 2001/02 hier und bist danach zum VfB Leipzig gewechselt. Bei so einem Werdegang wäre das Kapitel Wormatia normalerweise eigentlich beendet. Wieso bist du damals zurückgekommen?
Mit dem Wechsel nach Leipzig ist der Kontakt nach Worms nie abgerissen. Mit Niels Magin ist in der Saison 2001/02 eine enge Freundschaft entstanden und dadurch war ich immer im Bilde, was bei der Wormatia abging. Nach der Insolvenz in Leipzig war es keine einfache Zeit und ungewiss, wie es weitergehen soll. Der damalige Trainer Dirk Anders hatte dann Kontakt zu mir aufgenommen und nachgefragt, ob ich mir eine Rückkehr vorstellen könnte. Es war die beste Entscheidung, wieder nach Worms zurückzukommen.
Du hattest dich zum Leistungsträger entwickelt und warst 2008 Kapitän der Mannschaft, die die Qualifikation zur Regionalliga schaffte. Statt nach Wirges oder Neunkirchen ging es dann zu Dortmund II oder Rot-Weiss Essen. Wie war diese Umstellung damals?
Enorm, für alle! Für die Spieler wie aber auch für den Verein. Der Aufwand wurde für alle deutlich mehr. Neben Beruf, Ausbildung usw. war es nicht einfach für uns, sich Woche für Woche zu behaupten. In der Liga waren 90% Profis unterwegs, was man im weiteren Saisonverlauf immer mehr gemerkt hat. In der Regionalliga ist der Verein am Anfang extrem an seine Grenzen gestoßen.
2010 hast du das Wormatia-Trikot in den Schrank gehängt und deine Karriere in Gundersheim und Gundheim ausklingen lassen. Gleichzeitig bist zu Sportlicher Leiter geworden. Wie kam es denn dazu?
Ich hatte Ende 2009 für mich die Entscheidung getroffen, meine aktive Karriere zu beenden. Die letzten Jahre konnte ich nur noch mit Schmerztabletten spielen, da mein Knie der Belastung nicht mehr standhielt. Nach einem halben Jahr Pause hat mich mein Schwiegervater überreden können, nochmal die Fußballschuhe zu schnüren. Er war Trainer in Gundersheim und wollte unbedingt mit seiner Mannschaft aufsteigen. Ich habe dann ein halbes Jahr in Gundersheim gespielt und wir sind sogar tatsächlich aufgestiegen. In Gundheim habe ich nicht viel gespielt, das war eher ein Freundschaftsdienst für Matthias Gutzler . Er hatte in seiner Mannschaft Personalmangel und ich half vier oder fünf Spiele aus.
Die Entscheidung Sportlicher Leiter zu werden, entstand in meiner letzten Saison als Spieler. Die Saison 2009/10 lief nicht nach den Vorstellungen des Vereins und es sollte ein Umbruch eingeleitet werden. Der damalige Vorstand hat mich angesprochen, ob ich mir vorstellen könnte in die sportliche Leitung zu wechseln. Ich brauchte schon etwas Bedenkzeit, da zum einen die Situation im Verein sportlich wie finanziell extrem schwierig war und zum anderen meine Lebensplanung eigentlich etwas anders aussah. Nur so, wie mich Wormatia als Spieler gepackt hat, war es dann auch als Funktionär.
2018 hast du als Sportlicher Leiter aufgehört, ein Jahr zuvor warst du in den Vorstand gewählt worden. Hattest du damals vor, diese Doppelrolle länger auszuüben oder war das von Anfang an als Übergang geplant?
Das war ein geplanter Übergang. Meine berufliche Belastung ist über die Jahre immer mehr geworden und von daher musste ich eine Entscheidung treffen. Die Funktion des Sportlichen Leiters eines Regionalligisten ist extrem zeitintensiv, gerade in der Situation, in der sich der Verein immer befunden hat. Das konnte ich nicht mehr hundertprozentig erfüllen.
Nun hörst du ganz auf. Wann und warum ist diese Entscheidung bei dir gereift?
Die Entscheidung ist schon länger in mir gereift, da ich wie bereits angesprochen den zeitlichen Umfang nicht mehr leisten kann. Ziel für mich war es, einen guten Zeitpunkt für den Verein zu finden. Ganz ehrlich, ich wollte nach dem Abstieg zurücktreten! Wir hatten unsere Ziele diesmal nicht erreicht und ich hatte in mir das Gefühl, es muss was Neues entstehen. Aber nach einigen Gesprächen im Verein und mit unseren Hauptsponsoren habe ich mich dafür entschieden, den schwierigen Neuanfang in der Oberliga mitzugestalten und nicht einfach davonzulaufen.
Was war deine schwerste Entscheidung in deinen zehn Jahren als Funktionär?
Da gibt es nicht die eine schwere Entscheidung. Wir hatten viele schwierige Entscheidungen zu treffen. Es war immer eine extreme Herausforderung, die Erwartungshaltung mit den gegebenen Rahmenbedingungen hinzubekommen. Gerade im schnelllebigen Fußballgeschäft ist es oft nicht einfach. Was für mich immer wichtig war: Das Vereinswohl steht an erster Stelle.
Würdest du alle Entscheidungen noch einmal genauso treffen?
Natürlich nicht! Was ich aus den ganzen Jahren sagen kann: Wir haben die Entscheidungen zusammen getroffen und es uns oft nicht einfach gemacht. Klar ist aber, dass Entscheidungen erst im Nachgang zeigen, ob es der richtige Weg gewesen ist. Imponiert hat mir in all der Zeit, dass wir intern einen extremen Zusammenhalt hatten und alle das Ziel verfolgt haben, den Verein weiterzubringen, auch wenn einige Entscheidung nicht so gegriffen haben. Ich denke, das war entscheidend, dass der Verein eine solche Entwicklung in den letzten zehn Jahren genommen hat.
Es gab Höhen und Tiefen in 19 Jahren Wormatia. Was waren deine schönsten Momente als Spieler und als Funktionär?
Als Spieler ganz klar der Aufstieg in die Regionalliga. Wir hatten einen außergewöhnlichen Zusammenhalt in der damaligen Mannschaft und haben zusammen sehr viel erlebt. Die letzten beiden Spiele der Saison 2007/08 in Saarbrücken und zu Hause gegen Köllerbach waren von der Euphorie her im Verein und in Worms sensationell. Natürlich sind auch die vier Südwestpokalsiege, je zwei als Spieler und als Funktionär, mit den anschließenden DFB-Pokalspielen absolute Highlights gewesen.
Abseits des Platzes als Funktionär waren für mich die erfolgreichen Gespräche mit unseren Hauptsponsoren extrem wichtige Momente. Da wurde immer die Basis für alles im Verein gelegt. Wie schon oft erwähnt, hat der Verein das Glück, wichtige Personen aus der Wormser Wirtschaft an seiner Seite zu haben, die sehr stark an der Entwicklung des Vereins interessiert sind.
Und die jeweils schlimmsten?
Der Abstieg letztes Jahr tat extrem weh. Die Pokalniederlage gegen Morlautern war auch so ein Moment, den ich mir anders vorgestellt habe. Aber diese Momente gehören auch dazu! Gerade durch den Sport habe ich gelernt, dass nichts planbar ist und du nach solchen Niederlagen erst recht anpacken musst.
Was machst du denn jetzt ganz ohne Wormatia?
Ohne Wormatia geht’s nicht! Ich werde natürlich, wenn es die Zeit zulässt, weiterhin zu den Spielen kommen und mit der Mannschaft mitfiebern. In der AH-Mannschaft werde ich auch weiterhin spielen und dadurch wird es immer Kontakt zum Verein geben.
Wie ist deine Einschätzung zur neuen Saison? Und was wünschst du dir für den Verein?
Der Verein ist in allen Bereichen gut aufgestellt. Er hat für die Oberliga ein sehr gutes finanzielles Fundament, mit dem man die Entwicklung weiter vorantreiben kann. Ich denke, wir werden aufgrund von Corona eine spezielle Saison erleben. Wir hatten bis zum Saisonabbruch eine gute Entwicklung mit einer jungen Mannschaft genommen und ich bin überzeugt davon, dass die Mannschaft in der kommenden Runde nochmal zulegen wird. Ansonsten ist mein Wunsch, dass weiterhin nachhaltiges Denken im Verein im Vordergrund steht.
Zum Abschluss möchte ich mich nochmals bei allen Mitarbeitern, Gremien und Sponsoren für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung in all den Jahren bedanken! Alla Wormatia!