In der neuen Gauliga Südwest traf Wormatia zur Saison 1933/34 auf viele neue und attraktive Gegner, wie Kickers Offenbach, FK Pirmasens, Eintracht Frankfurt, Borussia Neunkirchen und den 1.FC Kaiserslautern. Lediglich Mainz 05 und Alemannia Worms waren bereits aus der Bezirksliga Main/Hessen bekannt, stiegen beide am Ende der Saison jedoch ab. Wormatia landete auf Platz drei. Die Folgesaison 1934/35 lief mit neuem Trainer, Ludwig Müller hatte die Fußballschuhe an den Nagel gehängt und war an die Seitenlinie gewechselt, etwas schlechter und endete auf Platz fünf. Bei der Premiere des Tschammerpokals (aus dem nach dem Krieg der DFB-Pokal wurde) war beim SV Waldhof kurz vor dem Achtelfinale Schluss.

Besonders stolz war die Wormser Sportwelt im September 1934 auf Wormatias Linksaußen Seppel Fath, denn dieser wurde erstmals für die Nationalmannschaft nominiert und gab sein Debüt beim 5:2-Sieg in Warschau gegen Polen. Wormatias zweiter Nationalspieler nach Willi Winkler entwickelte sich im Laufe des Jahres 1935 gar zum Stammspieler unter Reichstrainer Otto Nerz. Und wenn schon die Rede von Seppel Fath ist, muss man zwangsläufig auch den 23. Februar 1936 erwähnen. An diesem Tag spielte Deutschland in Barcelona gegen Spanien und dort stand nicht irgendwer im Tor, sondern der weltbeste Torhüter der 20er und 30er Jahre, Ricardo „Der Göttliche“ Zamora von Real Madrid. Fath erzielte beide Treffer zum denkwürdigen deutschen 2:1-Sieg. Bei seiner Rückkehr wurde Fath am Wormser Bahnhof von einer begeisterten Menge aus Neugierigen und Offiziellen empfangen und zu den „Zwölf Aposteln“ geleitet, wo ein offizieller Empfang zu seinen Ehren stattfand. „Seppel Fath war froh, als der offizielle Teil vorbei war und er sich verabschieden konnte. Tamtam liegt ihm nicht, so sehr ihn der herzliche Empfang gefreut hat.“, bemerkte selbst die Wormser Zeitung.

Seppel Fath (Mitte) wird am Wormser Hauptbahnhof begrüßt (StAWO Nr. H5171)

Wenige Wochen nach Faths überraschendem Triumph in Spanien folgte Wormatias nicht weniger überraschender Triumph in der Gauliga. An den letzten beiden Spieltagen holte der VfR noch einen Vier-Punkte-Rückstand auf den FK Pirmasens ein und errang dank des besseren Torverhältnisses die Gaumeisterschaft. Im entscheidenden Spitzenspiel am letzten Spieltag wurde im heimischen Wormatia-Stadion Eintracht Frankfurt vor 12.000 Zuschauern 4:1 geschlagen. Zum ersten Mal hatte sich Wormatia damit für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifiziert. In einer Gruppe mit den Stuttgarter Kickers, dem 1.SV Jena und dem 1.FC Nürnberg reichte es zwar nicht für die K.O.-Phase, gegen den späteren Deutschen Meister Nürnberg gelang aber ein 2:2-Achtungserfolg vor 30.000 Zuschauern in Frankfurt.

12.000 Zuschauer sehen das entscheidende 4:1 gegen Eintracht Frankfurt (StAWO Nr. H2230)
Zum ersten Mal haben sich die Wormaten damit für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft qualifiziert (StAWO Nr. H2231)
Seppel Fath bejubelt einen einen Treffer (StAWO Nr. H4550)
Eine weitere Szene aus dem Spiel (StAWO Nr. 4556)

In der Folgesaison 1936/37 konnte Wormatia den Gaumeistertitel verteidigen, diesmal dank des besseren Torverhältnisses gegenüber Eintracht Frankfurt. Das Torverhältnis war auch bei der Deutschen Meisterschaft entscheidend, denn nur ein einziges Tor fehlte dem VfR zum Einzug ins Halbfinale. Gruppensieger wurde der VfB Stuttgart, auch weil Wormatia vor 18.000 Zuschauern (wieder in Frankfurt) das entscheidende Spiel gegen den VfB verlor. Die Endrunde musste man ohne Nationalstürmer Seppel Fath bestreiten, der sich im Olympia-Vorbereitungskurs eine Meniskusverletzung zuzog. Ohne Fath fand auch schon das Tschammerpokal-Halbfinale gegen den VfB Leipzig statt. Über die Gegner VfB Friedberg (3:2 n.V.), SSV Vingst (11:1-Rekordsieg), 1.FC Pforzheim (2:1) und VfL Benrath (3:3 n.V. und 3:2) hatte sich Wormatia unter die letzten Vier gekämpft. Mit dem festen Vorsatz, das Spiel zu gewinnen und im Finale den Pokal nach Worms zu holen, fuhr die Mannschaft ohne die verletzten Fath und Jakob Eckert nach Leipzig. Wormatia dominierte das Spiel, ging früh in Führung und erzielte auch einen potentiell vorentscheidenden zweiten Treffer, den Schiri Birlem aus Berlin jedoch auf Reklamation des Linienrichters aberkannte. Danach kippte das Spiel, die Gastgeber drehten die Partie, gewannen am Ende mit 5:1 und wurden später Pokalsieger.

Nach einer Saison auf Platz drei gelang 1938/39 schließlich der dritte Gaumeistertitel. Und die Endrunde 1939 brachte den bis heute größten Triumph der Vereinsgeschichte. Die Gegner in der Gruppenphase hießen damals Vorwärts-Rasensport Gleiwitz, CSC Kassel – und Schalke 04. Die Schalker waren die Übermannschaft der damaligen Zeit, in der Gauliga Westfalen seit vier Jahren ungeschlagen und in den vergangenen Endrunden drei Mal Deutscher Meister und ein Mal Vize-Meister geworden. In Frankfurt unterlag man gegen diesen übermächtigen Gegner vor 25.000 Zuschauern noch nach starker Leistung knapp mit 0:1, doch im Rückspiel am 7. Mai 1939 in Dortmund (!) gelang Wormatia ein sensationeller 2:1-Sieg. Reichsweit war Wormatia in aller Munde und sämtliche Berichterstatter verteilten viel Lob. Die Wormser Zeitung sah in diesem Sieg gar schon erste Anzeichen einer Machtverschiebung von den bisher dominierenden westdeutschen Mannschaften wieder hin zu den süddeutschen Mannschaften und machte sich stark für eine erneute Berufung Jakob Eckerts in die Nationalmannschaft, für die er 1937 gegen die Schweiz sein Debüt gab. Exemplarisch berichtete die Rheinische/Westfälische Zeitung:

Ihr Kampfgeist, ihre geballte Energie sind kaum zu übertreffen. Die Schalker dürfen froh sein, daß sie diesen Gegner nicht noch einmal in dessen Heimat aufzusuchen brauchen. Es könnte sehr böse werden. Nach schwachem Start scheint die Mannschaft in der Besetzung Schwind; Kern, Hartmann; Herbert, Kiefer, Zimmermann; Stahl, Lehr, Eckert, Busam und Fath erst jetzt ihre wahre Form gefunden zu haben, jedenfalls ist es nach der Dortmunder Leistung unverständlich, wie diese Elf zweimal gegen Gleiwitz verlieren konnte, oder aber Gleiwitz muß sehr, sehr stark sein.

Rheinische/Westfälische Zeitung

Einen Monat „nach Dortmund“ fegte Schalke 04 Finalgegner Admira Wien mit 9:0 vom Platz und holte sich die vierte Deutsche Meisterschaft. Der RTSV Wormatia 08 Worms war tatsächlich der einzige Verein, der die Schalker in dieser Saison besiegen konnte. RTSV…? Ja, denn im Januar hatte es wieder eine bedeutende und richtungsweisende Fusion gegeben.