Die nationalsozialistische Sportpolitik führte Ende der 30er zu vielen Vereinsfusionen. Den Idealfall stellte der „Allgemeine Sportverein“ dar, Anlaufpunkt für alle Sportinteressierten der Stadt und politisch leichter zu kontrollieren. Nicht nur vor diesem Hintergrund kam es schließlich nach jahrzehntelangem Bemühen doch noch zur Fusion mit dem alten Rivalen Alemannia Worms. Der älteste Wormser Fußballverein hatte in den Jahren zuvor seine einstige Stellung allerdings verloren. 1932 war Alemannia bereits mit dem FV Olympia fusioniert, dessen alte Mitglieder nach Gründung des FC Blau-Weiß im Jahre 1933 das neue Gebilde VfR Alemannia-Olympia gleich wieder in Scharen verließen. Mit dem ging es danach dank nationalsozialistischer Einmischung immer weiter bergab (nach einem Nichtantritt einiger Spieler wurden die Kassenbücher beschlagnahmt und 60 Alemannen gesperrt), bis im Oktober 1935 Konkurs angemeldet werden musste und der Verein in der Jahngemeinschaft 99 aufgenommen wurde. Dieser neue Jahn/Alemannia 99 wurde letztlich am 22. Juni 1938 dem VfR Wormatia 08 einverleibt, wo ehemalige Alemannen wie Heini Schwind, Hannes Kern, Ernst Hartmann, Gustav Pohle und Ludwig Herbert schon teils seit Jahren Leistungsträger waren. Die Wormser Zeitung berichtete über den Übertritt:
„Es war schon kein Geheimnis mehr, daß die Verhältnisse bei Alemannia Worms, die ja in den letzten Jahren unter den verschiedensten Namen dahinvegetierte, nicht die Besten waren und daß es mit der Zeit unmöglich werde, den Verein als selbständiges Gebilde so weiterzuführen, wie es heute im Sinne der nationalsozialistischen Sportertüchtigung gefordert wird. […] Der Kreisführer, Pg. Ad[r]ian, wies in seiner kurzen Ansprache darauf hin, daß die heutige Zeit es immer klarer zeige und dringender fordere, daß die vielen kleinen und schwachen Gebilde sportlich nicht mehr tragbar seien und ja allerorts Zusammenschlüsse zu großen Vereinen, die alle Sportarten betreiben können und auch von allen Stellen ihre Unterstützung fänden, sich organisch entwickeln und durchführen werden. Die Vereinigung der Alemannia mit der Wormatia sei der Grundstein zu einem Großen Wormser Turn- und Sportverein, der durch das Hinzustoßen eines weiteren großen und gesunden Gebildes in den nächsten Wochen in unserer Vaterstadt entstehen werde. Das sei dann ein Großverein, der alle Unterstützung der Partei und der Stadt finde und der dann auch durchaus in der Lage sei, den sportlichen Betrieb für unsere Vaterstadt so zu fördern, daß wir im Gaugebiet mit an vorderster Stelle marschieren werden.“
Was Kreissportführer Adrian hier andeutete, vollzog sich schließlich ein halbes Jahr später. Am 7. Januar 1939 beschloss Wormatias außerordentliche Generalversammlung einstimmig die Fusion mit dem Reichsbahn TSV Worms, einem 1935 gegründeten Betriebssportverein der Reichsbahn. Die Gründungsversammlung des neuen Vereins fand am 17. Januar statt, über die in der Wormser Zeitung ausführlich berichtet wurde:
„In dieser neuen Vereinsgründung hat einmal sinnfällig das Wollen der NSDAP auf dem Wege der Erziehung des Volkes zur Leibesübung Ausdruck erhalten, zum anderen darf aber auch NSRL-Kreisführer Adrian, der ja als der Vater dieses Gedankens anzusprechen ist und sich schon seit langem um dieses Projekt mühte, darin einen Lohn für seine Bemühungen sehen. […] Außerordentlich starker Besuch aus beiden Lagern zeigte die starke Anteilnahme, die man allerseits dem Plan entgegenbrachte, und die einstimmige Zustimmung zu allen Vorschlägen, sowie die mit starkem Beifall aufgenommenen Ausführungen der leitenden Männer lassen erkennen, daß man gewillt ist, in jenem Geiste des Vertrauens das Werk zu beginnen. […] Jetzt marschiere man im gleichen Schritt mit der politischen Führung mit dem festen Willen, sich einzuschalten in den großen Dienst an der Nation.“
Vgl. Bedeutsamer Zusammenschluss im Wormser Sport, in: Wormser Zeitung vom 19.01.1939
Bei der Gründungsversammlung anwesend waren Oberbürgermeister Bartholomäus, Kreissportführer Adrian, sowie Vertreter der Kreisleitung der NSDAP und der Reichsbahndirektion in Mainz. Bartholomäus’ Bemerkung, jene „die sich heute noch als üble Fanatiker auf den Plätzen austoben“ seien die damaligen Gegner der Fusion gewesen, zeigt, dass der neue Großverein nicht wie dargestellt auf uneingeschränkte Zustimmung stieß. Auch die Worte des neuen Vereinsführers Reichsbahn-Oberrat Schulze, er werde „die neue Schöpfung“ gegen alle Angriffe verteidigen, gehen in diese Richtung. In der Versammlung selbst gab es offenbar keinerlei Widerworte, alle Beschlüsse ergingen einstimmig. Zunächst erfolgte eine Anpassung des Vereinsnamens und der VfR Wormatia 08 wurde offiziell um den Zusatz „Worms“ ergänzt, so wie es seit Jahrzehnten umgangssprachlich bereits gehandhabt wurde. Anschließend erklärte der Reichsbahn TSV seinen Übertritt zur Wormatia und Reichsbahn-Oberrat Schulze wurde auf Vorschlag von Kreissportführer Adrian zum neuen Vereinsführer gewählt. Schulze gab schließlich (gemäß dem Führerprinzip ohne Abstimmung durch die Mitglieder) den neuen Vereinsnamen „Reichsbahn Turn- und Sportverein Wormatia 08 Worms“ sowie den neuen Führerstab bekannt. Jakob Ritzheimer wurde stellvertretender Vereinsführer und Hans Stein übernahm den „spieltechnischen Führerstab“, die Fußballabteilung blieb in den Händen der alten Wormatia-Verantwortlichen und erhielt eine gewisse Selbstständigkeit „in sportlicher und wirtschaftlicher Beziehung“.
Finanziell wurde der RSTV Wormatia ordentlich ausgestattet. Kreissportführer Adrian war extra zum Reichsverkehrsministerium in Berlin gereist, um dort die Fusion auszuhandeln und erfolgreich finanzielle Unterstützung in Höhe von 90.000 Reichsmark einzuholen, mit OB Bartholomäus’ Hilfe konnten weitere Zuschüsse aus Reichsmitteln akquiriert werden. Die Adolf-Hitler-Kampfbahn im Wert von 170.000 Reichsmark ging in den Besitz des Vereins über und wurde im Rahmen von Notstandsarbeiten für 25.000 Zuschauer ausgebaut, das notwendige Gelände stellte die Stadt Worms auf 99 Jahre kostenlos in Erbbaurecht zur Verfügung. Das umliegende Gelände sollte zu einer großen Sportanlage mit Tennisplätzen, Schwimmbad und Schießständen ausgebaut werden.
Der neue Großverein hielt sich allerdings nicht lange. Im Stadtratsprotokoll vom 27.08.1943 findet sich der Hinweis, dass „aus Anlass der Trennung der s.Zt. zusammengeschlossenen Vereine V.f.R. Wormatia 08 und Reichsbahn – Sportverein“ eine Entschädigung in Höhe von 25.000 Reichsmark an Wormatia zu zahlen sei, weil die Adolf-Hitler-Kampfbahn samt Klubhaus in städtischen Besitz ging. Die Trennung erfolgte wohl schon Ende 1942, zumindest entfiel seit diesem Zeitraum der Zusatz „Reichsbahn“ in den Spielberichten. Diese Entwicklung dürfte vor allem kriegsbedingt sein, denn ein geordneter Sportbetrieb wurde im Verlauf des Zweiten Weltkrieges immer schwieriger. Der RTSV existiert seit Wiedergründung im Jahre 1951 als „Eisenbahner-Sportverein Worms“ übrigens heute noch.