Nach Platz 6 und Platz 4 in den Vorjahren lautete in der Saison 1985/86 das Saisonziel „oben mitmischen“. Die von Heiner Ueberle aufgebaute Mannschaft blieb zusammen und wurde in der Breite verstärkt. Peter Klag beendete nach 23 Jahren im Wormatia-Trikot sowie über 400 Pflichtspielen seine Karriere und wurde Trainer der 1b, was der einzige nennenswerte Abgang blieb. Die Lücke schloss der bereits im Winter der Vorsaison gekommene, aber bislang durch Sperren und Verletzungen ausgebremste Helmut Wagner. Ebenfalls seit dem Winter des Vorjahres dabei und ein Mann für die Abwehr war der polnische Nationalspieler Józef Adamiec, der allerdings aufgrund seiner Flucht nach Deutschland noch bis zur Rückrunde gesperrt blieb. Als Verstärkung für die Defensive erwies sich der frühere Jugendnationalspieler Jürgen Fischer und in der Offensive konnte man Alfred „Ali“ Oehrlein wieder im Wormatia-Trikot begrüßen.
Die Saison begann mit einer nicht-sportlichen Hiobsbotschaft, denn die Haupttribüne wurde zum großen Teil gesperrt. Im Mai war es in einem englischen Stadion zu einer Brandkatastrophe gekommen, worauf deutschlandweit die Tribünen ganz genau unter die Lupe genommen wurden. Die sowieso schon baufällige Haupttribüne fiel in Sachen Brandschutz durch und von den überdachten Sitzreihen durften nur noch die untersten drei genutzt werden. Immerhin kam damit nun Bewegung in Sachen Neubau.
Erfreulicher verlief die Vorbereitung. Zur Saisoneröffnung vor eigenem Anhang gab es einen überraschenden 3:1-Sieg gegen Zweitligist Alemannia Aachen. Auch wenige Tage später beim 0:2 gegen Bundesligist 1.FC Kaiserslautern präsentierte sich das Team als gleichwertiger Gegner. Es folgten Kantersiege gegen gleichklassige Gegner, weshalb man die enttäuschend schwache 2:2-Generalprobe gegen eine Wormser Kreisauswahl als Dämpfer zu rechten Zeit begrüßte.
Tatsächlich folgte eine gelungene Premiere, denn zum Auftakt wurde der seit neun Monaten ungeschlagene Vorjahresmeister FSV Salmrohr vor 2.500 Zuschauern hochverdient mit 1:0 besiegt. Es folgte ein sensationelles 4:0 in Neunkirchen und erstmals seit dem Abstieg aus der 2. Bundesliga der Sprung an die Tabellenspitze. Trainer Ueberle trat im „Kicker“ auf die Bremse: „Ich gebe zu, daß wir nun als Favorit gehandelt werden. […] Doch eine Prognose auf den Titel ist noch verfrüht.“ Das Derby gegen Vizemeister Mainz 05 lockte prompt 5.000 Zuschauer ins Stadion, die ein 0:2 und den Verlust der Tabellenführung erlebten. Es sollte die einzige Heimniederlage in dieser Saison bleiben.
In die Kritik geriet allerdings Vorjahresgoalgetter Martin Simonis, dessen Ladehemmung von den Fans für Punktverluste und trotz Überlegenheit oft nur knappe Siege verantwortlich gemacht wurde. Seine 25 Treffer aus dem Vorjahr konnte er nur zur Hälfte erreichen, stattdessen kam Dieter Gutzler mit 18 Saisontoren zu einer persönlichen Bestleistung. Als Prunkstück erwies sich dagegen die Defensive, insbesondere auswärts. Satte neunzehn Mal kassierte man kein Gegentor, spielte acht Heim- und elf Auswärtsspiele zu Null. 21 Gegentore in 34 Spielen stellen bis heute Vereinsrekord dar.
Mit einem klaren 4:1 gegen Meisterschaftsfavorit Eintracht Trier und einem 2:1-Zittersieg in Elversberg holte man sich Mitte Oktober die Tabellenführung zurück, verlor sie aber bald wieder an den überaus konstanten FSV Salmrohr. Der 1:0-Sieg am Bruchweg vor der Winterpause hielt Verfolger Mainz auf Abstand und die Spitze in Schlagdistanz. Der Auftakt im neuen Jahr verlief dann auch im Stile eines Meisters. Nach hart umkämpftem 2:1 gegen Birkenfeld, einem 1:1 bei der starken Binger Hassia und einem klaren 3:0 gegen Pirmasens, war man nach Punkten mit Salmrohr gleichgezogen.
Hinter den Kulissen wurden fleißig die nötigen Bewerbungsunterlagen in Sachen Zweitligalizenz zusammengetragen. Das Finanzkonzept stand und die Stammelf hatte unter Berücksichtigung des auf 180.000 Mark abgebauten Schuldenstands bereits neue Verträge zu erfolgsabhängigen Konditionen (für beide Spielklassen) unterschrieben. Gleichwertige Neuzugänge hätte man sich nicht leisten können und so lobte Schatzmeister Lothar Becker die fairen Gehaltsverhandlungen: „Wenn einige abgelehnt hätten, dann hätten wir auf eine Bewerbung verzichten müssen.“
Zahlreiche Spielausfälle und die eigene Abschlussschwäche warfen die Wormaten dann aber erneut zurück. Bei Schlusslicht TuS Mayen verspielte man in den Schlussminuten eine 2:0-Führung und auch das Heimspiel gegen den auswärtsstarken VfL Hamm (2:2) sowie das Spitzenspiel in Trier (0:0) konnten nicht gewonnen werden, wobei Trainer Ueberle letzteres bei Schlusspfiff wie einen Sieg feierte. Als dann ein mühsamer Heimsieg gegen Elversberg und statt der Tabellenführung eine maßlos enttäuschende Niederlage in Ludwigshafen folgten, glaubten nur noch Optimisten an die Meisterschaft.
Die als Schicksalsspiel ausgerufene Partie beim FK Clausen am 29. Spieltag brachte einen 3:0-Sieg und war der Auftakt einer Siegesserie während drei englischer Wochen, die auch Sperren von Fischer und Adamiec nicht stoppen konnte. Nach dem 3:1-Heimsieg gegen Kreuznach und dem 1:0 in Eisbachtal gab auch Trainer Ueberle im Dreikampf mit Salmrohr und Trier seine Zurückhaltung auf und stellte klar: „Wir wollen Meister werden“. Zusätzliche Kräfte setzte das aber nicht frei, statt mit breiter Brust hielt sich das Team mit mühsamen 2:1-Heimsiegen gegen Dudweiler und Saarwellingen im Titelrennen.
Am vorletzten Spieltag gab es dann doch noch den nötigen Ausrutscher von Salmrohr, eine sensationelle 1:5-Heimniederlage gegen Ludwigshafen. Und weil die Wormaten gleichzeitig bei den seit einem Jahr zuhause ungeschlagenen Birkenfeldern mit 1:0 den sechsten Sieg in Folge einfuhren, empfing man plötzlich als neuer Tabellenführer mit einem Punkt Vorsprung vor Salmrohr und Trier am letzten Spieltag Hassia Bingen im Wormatia-Stadion. 7.500 Zuschauer sahen einen klaren 4:0-Erfolg und feierten die noch vor wenigen Wochen nicht für möglich gehaltene Südwestmeisterschaft.
Trainer Ueberle wusste schon seit Wochen: „Abgerechnet wird nach dem letzten Spiel.“ Allerdings nicht so, wie er das gemeint hatte. Was der Vorstand durch einen Telefonanruf aus der DFB-Zentrale noch während des Meisterjubels bestätigt bekam, erfuhren die Fans erst am nächsten Tag durch Radio oder Sportschau: Wormatia durfte nicht an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga teilnehmen. Die Lizenz für die 2. Bundesliga war zwar bereits am 25. April seitens des DFB erteilt worden, allerdings nur unter Auflagen. Und die waren zwar erfüllt – aber nicht fristgerecht.
Man hatte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch eine Liquiditätsreserve in Höhe von 270.000 Mark sowie 90.000 Mark als zusätzliche Sicherheit bis 9. Mai nachweisen müssen, was man mit Schreiben vom 7. Mai auch tat. Allerdings, so die Version des Vorstandes, sei in Frankfurt aus unerfindlichen Gründen nur die erste Seite des Schreibens angekommen. Am 13. Mai wies der DFB darauf hin, dass der Nachweis über die 90.000 Mark fehlte und deshalb die Lizenz gefährdet sei. Der Vorstand fuhr umgehend nach Frankfurt und legte, wie es hieß, eine Kopie der zweiten Seite vor. Am 16. Mai, also am Tag des entscheidenden Spiels gegen Bingen, wurde der Vorstand zur Anhörung vor den DFB-Vorstand geladen. Weder ein mitgebrachter Koffer mit den geforderten 90.000 Mark in Bar, noch letzte Überzeugungsversuche mit dem überlieferten Zitat „Alla Ihr Buwe, driggen e Aach zu!“ konnten die hohen Verbandsherren erweichen. Auch das neutrale Schiedsgericht bestätigte am 21. Mai: Wormatia musste Vizemeister FSV Salmrohr den Vortritt in der Aufstiegsrunde lassen und durfte an deren Stelle lediglich an der Deutschen Amateurmeisterschaft teilnehmen. In der Folge trat Vorsitzender Wolfgang Sitter zurück. Zurecht, wie Frank Beier in der WZ feststellte:
„Der Vorsitzende trug – unabhängig von seinem Maß an Eigenschuld – die Hauptverantwortung für den unverzeihlichen, weil irreparablen Fehler und mußte konsequenterweise seinen Kopf dafür hinhalten. […] Sicher ist auf jeden Fall, daß die von Sitter geführte Vorstands-Crew einer äußerst fatalen Fehleinschätzung unterlag: Sie glaubte nicht mehr an die Meisterschaft und sah deshalb auch keine zwingende Notwendigkeit, die vom DFB gesetzte Frist auf die Minute genau einzuhalten. Erst als das Kind bereits im Brunnen lag, wurde man aktiv und verfiel dabei einem weiteren Trugschluß: die Hoffnung nämlich, der DFB würde Gnade vor Recht ergehen lassen und einem feststehenden Meister die bereits erteilte Lizenz nicht wieder entziehen. […] Dennoch sei die Frage erlaubt, weshalb die geringfügige Fristüberschreitung eines Amateurvereins mit der härtesten aller Strafen geahndet werden muß?“
Beier, Frank: Schlußstrich. Konsequenz-Unterschiede, in: Wormser Zeitung vom 27. Mai 1986, S. 9
So war die erfolgreiche Saison am Ende nichts mehr wert. Ein verschlechtertes Image und Fanfrust (ein Schnitt von 2.200 Zuschauern wurde nie wieder erreicht) waren die Folge der Angelegenheit, wobei sich eine mehr oder weniger ernsthafte Besorgnis der Öffentlichkeit in Sachen „ordnungsgemäße Lizenzbeantragung“ auch Jahrzehnte danach noch erhalten hat…