Nibelungen Kurier: Das war ein Rückfall in alte Zeiten
31.08.2005 Der VfR Wormatia Worms unterlag nach einer schwachen Vorstellung mit 0:1 gegen Eintracht Kreuznach
Das war eine Niederlage, die sichtlich weh tat. Denn sie zeigte
deutlich auf, dass das Spiel der Wormaten unter dem neuen
Trainer Alois Schwartz noch nicht so gefestigt ist, wie man
dies nach zuletzt vier Siegen mit 12:0-Toren
hätte erwarten können. Ja, man darf
konstatieren, dass die Wormaten praktisch mit ihren eigenen
Waffen geschlagen wurden, so wie sie bisher unbesiegt in der
Fremde aufwarteten. Oder lag es vielleicht daran, dass man die
zuletzt in vier Siegen erfolgreiche Mannschaft
verändern musste, da Claude Brancourt
verletzungsbedingt nicht auflaufen konnte. Doch diese
völlig verdiente Niederlage daran
aufzuhängen, das wäre wohl zu
einfach. Denn die Probleme und Ursachen dieser mehr als
enttäuschenden Heimpartie –
und das noch zum Auftakt des Backfischfestes
– hatte gleich mehrere Ursachen und das lag
auch zum gewissen Teil am Gegner. Denn während
die Wormaten mit ihrer bewährten Viererkette in
der Abwehr, wohl mehr mit einer Dreierkette im Mittelfeld,
sowie drei Angreifern antrat, hatte sich der Kreuznacher
Trainer Karl-Heinz Halter etwas Besonderes und letztlich auch
Entscheidendes einfallen lassen. Denn er agierte sowohl mit
Viererkette in der Abwehr und im Mittelfeld. Davor den alles
überragenden Major Amoah, der im vorderen
Mittelfeld hinter der einzigen nominellen Spitze Gregory
Strohmann nicht an die Kette gelegt werden konnte. Doch war
dies noch nicht alles, was den Kreuznacher Sieg verdient
machte, sondern das schnelle und ständige
Herausrücken aus der Abwehr in die Mittel- oder
Wormatiazone sowie schnelles Aufrücken
über die Außenpositionen.
Eintracht-Trainer Karl-Heinz Halter dürfte wohl
noch nie in einem Spiel so oft gebrüllt haben:
„Raus hinten!†Da seine
Mannschaft taktisch auch sehr klug spielte, hatten sie im
Mittelfeld ständig ein Ãœbergewicht
und die Wormaten kamen buchstäblich einfach
nicht in die Gänge. Da wirkten die Kreuznacher
Spieler auch hoch motiviert und Trainer Karl-Heinz Halter
stellte bei der Pressekonferenz die halb Frage halb Festellung
in den Raum, dass die Wormaten – obwohl mit
mehr Routiniers auf dem Platz, wohl Schwierigkeiten haben, wenn
sie das Spiel machen müssen. Nun, dieser
Eindruck täuschte an diesem Nachmittag wahrlich
nicht. Da war an diesem doch so sonnigen Samstag, die
Außenpositionen mit Volker Berg und Marcel
Gebhardt zu besetzen, wohl nicht das Gelbe vom Ei. Beide haben
nun einmal im zentralen Mittelfeld ihre Stärken
und im Mittelfeld wurde auch dieses Spiel entschieden. Da
konnte sich Stefan Ertl – mehr hinter den
Spitzen agierend – noch so sehr anstrengen,
es kam einfach nichts Produktives dabei heraus. Da ist noch ein
großer Lernprozess nötig und
dürfte wohl auch – zumindest
zu Hause – erst dann eine Besserung erfahren
können, wenn auch die verletzten Spieler wie
Claude Brancourt und Erwin Bradasch wieder dabei sein
können. Zumindest Claude Brancourt ist
über die rechte Außenposition mit
seinen Flankenläufen schon eine Waffe, die an
diesem Tage fehlte. Doch auch über die linke
Seite kamen kaum brauchbare Bälle, von gut
getimtem Abspielen aus dem Mittelfeld heraus in den freien Raum
oder in den Rücken der Kreuznacher Abwehr einmal
ganz abgesehen. Denn die vom Ex-Wormaten Dimitri Mayer
dirigierte Kreuznacher Abwehr und das sehr variable
Mittelfeldspiel der Kreuznacher ließ bei der an
diesem Tage wenig zu sehenden Laufbereitschaft und fehlenden
Zweikampfstärke die Wormaten schwach aussehen.
So kritisierte Trainer Alois Schwartz auch zu Recht das Spiel
ohne Ball. Da gab es wenige Tempowechsel. Da bot sich keiner
an, da zeigte auch keiner der Wormaten das nötige
Durchschlagsvermögen und den Willen, auch einmal
lange Wege zu gehen. Einmal im Trott fand man schnell keine
Mittel mehr, sich entscheidend wehren zu können.
Selten war es im Wormatiastadion auch so ruhig. Denn nach zehn
Minuten schliefen nicht nur buchstäblich die
härtesten Fans, sondern auch die Mannschaft
verpennte die ersten 45 Minuten buchstäblich. Da
wurde ihnen keine Zeit gelassen den Ball in Ruhe anzunehmen und
zu schauen, wo gerade ein Mitspieler steht. Da war stets ein
Kreuznacher hautnah dabei. Ob da ein Psychologe helfen kann,
ist zu bezweifeln. Vielmehr muss die Mannschaft noch lernen,
ihre auswärtige
Souveränität mit mehr Dynamik,
schnellerem Spiel und vor allen Dingen einem besseren
Zweikampfverhalten im Mittelfeld zum Tragen bringen. Denn es
gibt keinen Gegner, der gegen die Wormaten nicht weniger als
100 Prozent bringt. Da geht kein Spiel im Schongang und schon
gar nicht mit einer allzu defensiv sich darstellenden Elf. Da
muss man auf eigenem Platz von Beginn an einfach voll zur Sache
gehen, im Mittelfeld sich die nötige
Majorität erarbeiten, was keineswegs im
Gegensatz zu der Forderung von Trainer Alois Schwartz stehen
muss, mit Ruhe und Ãœbersicht, aber eben
konsequent ans Werk zu gehen, Geduld zu haben um den Gegner auf
Dauer zuerst niederzukämpfen und am Ende auch
ausspielen zu können. Doch gegen Kreuznach blieb
der Eindruck, dass die Mannschaft bei allem Wollen, an diesem
Tage zu passiv, zu ruhig agierte, nach dem Motto: Irgendwann
werden wir das schon schaffen. Doch muss dazu auch ein
größerer Druck gegen den Gegner
entwickelt werden. Wenn man in einer ersten Halbzeit praktisch
nur einmal auf des Gegners Tor schießt, und dies
durch Marcel Gebhardt nach einem kurz gespielten
Freistoß, dass sagt dies schon alles
über eine schwache Wormatia an diesem Tage aus.
Als Kamil Mouktar in der 67. Minute sein Debüt
im Wormatiatrikot gab und drei Minuten später
der in den letzten vier Spielen verletzt zuschauende Christian
Müller in das Spiel kam und dadurch auch
Positionen im Mittelfeld anders besetzt wruden, kam mehr
Schwung in das Spiel, wobei es hypothetisch bleibt, ob das
Kreuznach ausgehalten hätte, wenn die Wormaten
in anderer Besetzung vom Anpfiff weg aufgelaufen
wären. Doch ist diese Niederlage wahrlich nicht
an einzelnen Spielern aufzuhängen, das war
schlicht und einfach kollektives Verschlafen, besonders der
ersten 45 Minuten. Wer Hoffnungen auf Besserung in den zweiten
45 Minuten hatte, der sah sich bitter
enttäuscht, wenn er nicht gerade Kreuznacher Fan
war. Denn die im ersten Durchgang auch nicht gerade in der
Offensive berauschenden Eintrachtler nahmen das Heft nun in die
Hand und Sven Jenner konnte froh sein, dass in der 51. Minute
ihm die Querlatte seines Tores hilfreich zur Seite stand. Doch
in der 66. Minute war auch er machtlos, als es nach einer Ecke
im Wormatiastrafraum etwas turbulent zuging, keine Ordnung mehr
da war und das Leder zu Oliver Rupp kam, der aus 20 Metern
unhaltbar einlochte. Die danach folgenden Auswechslungen auf
Wormatiaseite, in der 77. Minute kam auch noch Niels Magin auf
das Feld, ließen das Wormatiaspiel nun etwas
zwingender werden. Kamil Mouktar, ein quirliger und
zweikampfstarker Angreifer und Christian Müller
mit seinen gut getimeten Flanken von der linken Seite in den
Rücken der Kreuznacher der Eintrachtabwehr,
ließen die Schluss-phase noch einmal spannend
werden. Doch im Kampf gegen die Uhr fehlte auch noch das
nötige Quäntchen
Glück. So hätte Steffen
Herzberger eigentlich sein obligatorisches Kopfballtor machen
können, doch nach Flanke von Christian
Müller war sein Kopfball nicht druckvoll genug,
um Konstantin Stengel im Eintrachttor überwinden
zu können. Dennoch schien der Ausgleich in der
Schlussphase möglich. Erneut hatte Christian
Müller nach innen geflankt –
keiner flankt besser als der schnelle Linskaußen
– Steffen Herzberger stieg hoch und legte
per Kopf Sebastian Glasner auf und dieser schoss unter dem
Jubel der jetzt wieder wach gewordenen Wormatiafans das runde
Leder in das Kreuznacher Tor. Doch Schiedsrichter Heiko Kreutz
(Alflen) und sein Assistent an der Außenlinie
hatten etwas dagegen und entschieden auf Freistoß
für die Eintrachtler, denn Steffen Herzberger
soll bei seinem Kopfball allzu stürmisch
vorgegangen sein. Doch auch Kreuznach war dem 2:0 sehr nahe,
als Sven Jenner gegen den enteilten Major Amoah mit letztem
Einsatz klären konnte. Diese Niederlage im
psycholgisch Bereich zu suchen ist sicherlich nicht das
Schlechteste, doch das Wahrscheinliche waren mehr elementare
Dinge des Fußball-Einmaleins.
Nämlich zuvorderst über den Kampf
in das Spiel zu finden, das richtige Zweikampfverhalten und das
Positionsspiel ohne Ball. Dies zu erkennen und zu verbessern,
dazu braucht es eigentlich keiner psychologischen Handhabung,
aber den entsprechenden Mut aller Beteiligten. Dann
könnte diese Niederlage auch Positives nach sich
ziehen. VfR Wormatia spielte mit: Sven Jenner im Tor, Matthias
Lang, Steffen Herzberger, Björn Miehe, Steven
Jones (77. Niels Magin), Volker Berg, Stefan Ertl (67. Kamil
Mouktar), Rainer Hauck (70. Christian Müller),
Sebastian Glasner, Sebastian Hartung und Marcel Gebhardt.