Wormser Zeitung: „Magisches Dreieck“ im Mittelfeld
05.07.2002 Um Berg, Jones, Magin formiert sich ein neues Wormatia-Team / WZ-Gespräch mit Trainer AndersVom 05.07.2002
Vorstand wieder komplett und verjüngt, eine
junge Mannschaft mit Talenten aus der Region und ein junger
Trainer – die
Verjüngungskur, die sich der VfR Wormatia
bereits vor Beginn der vergangenen Saison aus wirtschaftlichen
Zwängen selbst verordnet hatte und die durch die
unglückselige Kooperation mit Rogon wieder
aufgehoben wurde, scheint zwölf Monate
später zu greifen. Nach dem gerade noch
abgewendeten Abstieg startet Wormatia verjüngt
an Haupt und Gliedern in die neue Oberliga-Saison. Die WZ
sprach jetzt mit dem neuen Trainer Dirk Anders.
FRAGE: Gestern noch selbst Spieler und Mannschaftskamerad, heute quasi Vorgesetzter – gibt es da Probleme?
ANDERS: Nein, das glaube ich nicht. In meinen 15 Profi-Jahren habe ich immer Kontakt zu den Mitspielern gesucht, aber stets auch eine gewisse Distanz gewahrt. Als Trainer bin ich bestimmt kein ‰Feldwebel•, sondern sehe mich vielmehr als Ratgeber der Spieler, denen ich helfen will, ihre Fähigkeiten zu verbessern.
FRAGE: Das derzeitige Aufgebot hat ein Durchschnittsalter von 21,5 Jahren. Ist die Truppe nicht zu grün für die Oberliga?
ANDERS: Ich möchte willige, hungrige Spieler haben, die sich voll engagieren. Das Alter spielt da keine Rolle. Meine Hauptaufgabe war zunächst, den seitherigen Stamm zu halten. Das ist weitgehend gelungen. Auf dieser Basis haben wir talentierte neue Spieler verpflichtet, von denen ich überzeugt bin, dass sie ihr Bestes für Wormatia geben werden. Umgekehrt haben alle Spieler mein Vertrauen.
FRAGE: Mit aktuell 16 Spielern ist der Kader mit Sicherheit noch zu klein, um die insgesamt 36 Spiele umfassende Oberliga-Saison problemlos durchstehen zu können. Gibt es noch weitere Zugänge?
ANDERS: Unser Kader ist noch unvollständig, aber es wird sicher kein Aufgebot mit 25 Mann geben. Qualität ist wichtiger als Quantität. Wenn wir noch neue Spieler verpflichten, müssen es Verstärkungen und nicht nur Ergänzungen sein. Es sind noch viele gute Spieler auf dem Markt. Deshalb stehen wir nicht unter Druck, sondern werden in aller Ruhe abwarten und aussuchen. Wormatia ist immer noch eine gute Adresse.
FRAGE: Werden Sie selbst noch mal die Fußballstiefel für Wormatia schnüren?
ANDERS: Das ist zunächst nicht geplant, aber ich will es auch nicht ganz ausschließen – und zwar für den Fall, dass es einen gravierenden personellen Notstand geben sollte. Besser ist jedoch auf jeden Fall, wenn der Trainer das Spiel von außen beobachten kann.
FRAGE: Wie ist Ihr Einstieg als Trainer verlaufen, mussten Sie sich sehr umstellen?
ANDERS: Eigentlich bin ich schon seit längerer Zeit als „heimlicher“ Trainer tätig gewesen. Als Spieler habe ich in den letzten vier, fünf Jahren immer auch gedacht: Wie würdest du dich in dieser oder jener Situation verhalten, was könntest du besser machen, welche Maßnahmen würdest du ergreifen? Deshalb gehe ich nicht unvorbereitet an meine neue Aufgabe heran. Die Spieler machenÂs mir aber auch leicht, weil alle sehr willig und engagiert sind.
FRAGE: Worauf legen Sie im Training besonderen Wert, wo setzten Sie Schwerpunkte?
ANDERS: Fußball soll vor allem Spaß machen, die Spieler sollen sich darauf freuen. Deshalb werden bei mir praktisch alle Ãœbungen mit Ball gemacht. Körperliche Fitness ist natürlich die Grundvoraussetzung, verbessern aber möchte ich vor allem die Technik. Schon in der Jugend wird heute viel zu einseitig, zu erfolgsorientiert trainiert, nur Kraft und Kondition gebolzt. Ich möchte aber mehr Fußball spielen als Fußball kämpfen. Wer den Ball beherrscht, wer rechts wie links schießt, der kann den Rhythmus bestimmen, sein System durchsetzen, einfach varibaler sein.
FRAGE: Haben Sie schon konkrete Vorstellungen, wie die künftige Mannschaft aussehen wird?
ANDERS: Die seitherigen Spieler bilden das Gerippe. Volker Berg wird, wenn er verletzungsfrei bleibt, unser wichtigster Mann, weil er das Zeug dazu hat, auch mal etwas Unverhofftes zu machen. Er soll im Mittelfeld zusammen mit Steven Jones und Niels Magin ein „magisches Dreieck“ bilden, um das sich die übrigen Spieler variabel scharen.
FRAGE: Nach den Abgängen von Aerdken, Bisso, Gebhardt, Kühr und auch von Ihnen selbst sieht es in vorderster Front noch ziemlich mager aus? Bekommen Sie vielleicht ein Sturmproblem?
ANDERS: Ich setzte hier vor allem auf Matthias Jelsch, dem ich eine ganze Menge zutraue. Er wie auch noch einige andere wissen gar nicht, was in ihnen steckt. Dieses Potenzial gilt es abzurufen und die jeweiligen Fähigkeiten zu fördern. Aber es stimmt, im Angriff werden wir noch etwas tun müssen.
FRAGE: Wie schätzen Sie die Chancen Ihrer jungen Truppe ein?
ANDERS: Die Mannschaft hat das Potenzial, um im gesicherten Mittelfeld zu spielen. Das ist unser Ziel, denn so eine Saison wie letztes Jahr will keiner mehr erleben. Ich bin guter Hoffnung, weil wir Leute haben, die alle wollen.
Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Frank Beier