Nibelungen Kurier: Unverhältnismäßiger Polizeieinsatz?
04.03.2008 Oberliga-Fußballspiel zwischen Kaiserslautern und Wormatia wird von Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizei überschattet / Schadensbegrenzung durch Dialog und DeeskalationVon unserem Redaktionsmitarbeiter Steffen Heumann
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Die Rivalität zwischen den Anhängern des 1. FC Kaiserslautern und der Wormatia ist ein offenes Geheimnis. Die Unvernunft einiger Fans und das Verhalten einiger Polizeibeamter rückten die sportlichen Ereignisse in der Barbarossastadt und im Anschluss im Wormatia-Stadion in den Hintergrund.
Ohne großen Aufwand konnten Ein-satz- und Ordnungskräfte ein Aufein-andertreffen gegnerischer Fangruppen auf dem Betzenberg verhindern. Mit Nachdruck – Androhung eines Schlag-stockeinsatzes – wurden die Gästefans zu den Bussen geleitet. Nach ersten verbalen Provokationen folgten Tumulte, in deren Verlauf die Polizei vom Schlagstock Gebrauch machte. Ein Polizeihund wurde ohne Maulkorb freilaufend in die Fanmenge gehetzt. Das erhitzte die Gemüter unter den etwa 150 Wormser Anhängern zusätzlich. Die Fanbusse wurden auf Anordnung des Einsatzleiters bis in die Nibelungenstadt eskortiert. Auf einem Rastplatz kam es ein zu einem Zwischenfall, nachdem aus Reihen der Fans ein Böller in Richtung der begleitenden Polizeibeamten geworfen wur-de und explodierte.
Am Stadionparkplatz in Worms angekommen, soll aus einem der drei Fan-busse eine Gruppe von 30 bis 40 Personen ausgestiegen sein und sich lautstark vor den bereits auf dem Stadion-Parkplatz zur Verhinderung weiterer Straftaten postierten Polizeibeamten aufgebaut haben. "Diese "Fans" suchten offensichtlich die Konfrontation mit den Polizeikräften”, hieß es in einer Presseerklärung der Polizei. Aus der Menge heraus seien die Beamten mit Flaschen und Steinen beworfen worden. Ein Polizeibeamter habe leichte Verletzungen an der Schulter davongetragen. Zudem sei wiederum Leuchtmunition gezielt auf die Polizeikräfte geschossen worden. Anzeigen wegen Landfriedensbruchs sowie gefährlicher Körperverletzung und Vergehen gegen das Waffen- und Sprengstoffrecht seien die Folge der Auseinandersetzung.
Augenzeugen schildern die Aktion wie folgt: "… Am Stadionparkplatz warteten Polizeikräfte aus Worms. Die Fans waren nun richtig sauer und es wurde gepöbelt, weil man sich offenbar provoziert fühlte. Die bloße Anwesenheit der Polizei sollte an sich keine Provokation darstellen, nach den Vorkommnissen vorher aber sicherlich auch irgendwo nachvollziehbar. Die Polizei aus Kaiserslautern war immer noch da, stieg aus und bezog Stellung auf dem Parkplatz. Was dann folgte, hab ich noch nicht gesehen und will ich auch nie wieder sehen. Es wurde wild in die Menge gestürmt und Leute verhaftet, weil angeblich Flaschen geworfen wurden …"
"…Als bereits der Schlagstock herausgeholt wurde, ist es zum einzigen von mir beobachteten Flaschenwurf gekommen. Die Polizisten haben kurz innegehalten und dann gings los. Es spielten sich gespenstische Szenen ab. Die Beamten haben wahllos auf alles eingeknüppelt…” "…Einem Fan wurde bei den Auseinandersetzungen sogar das Wadenbein gebrochen. Unter Schmerzen konnte er einem Platzverweis nicht Folge leisten. Er wurde in Gewahrsam genommen und erst nach einer gefühlten Dreiviertelstunde ärztlich versorgt und ins Krankenhaus gebracht…”
Nachdem zahlreiche Platzverweise ausgesprochen worden waren und Polizeieinheiten, die aus Lampertheim und Alzey zur Unterstützung ange-fordert wurden, am Stadion eintrafen, eskalierte die Situation erneut. Po-lizeikräfte stürmten auf das Stadiongelände – dort fand zu diesem Zeit-punkt auf dem Kunstrasenspielfeld ein Pokalspiel der Wormatia-Frauen statt – um weiterer Personen habhaft zu werden. Ohne Rücksicht auf Ver-luste wurden auch Fans, die gerade leere Bierkästen aus den Bussen zum Clubheim trugen oder Fahnen und Transparente in die Fanhütte brachten, drangsaliert. Auch vor Wormatia-Vorstand Jan Donner machte die Staatsgewalt nicht Halt. Obwohl sich dieser als Sicherheitsbeauftragter zu erkennen gab und wie bereits in Kaiserslautern schlichtend eingreifen wollte, wurde der Offizielle mit einem Schlagstock traktiert und mit Handfesseln versehen. Erst Minuten später sei das "Missverständnis” aufgeklärt worden, zeigt Donner wenig Verständnis für die Unverhältnismäßigkeit der ange-wandten Mittel durch die Polizei.
Er selbst habe eine angebrochene Rippe dvongetragen. "Provokationen sogenannter Fans wolle man damit keineswegs entschuldigen”, erklärte VfR-Vorstand Jan Donner, der am Montag Anzeige gegen Unbekannt erstattete. In einem Gespräch mit der Polizeiführung sei der Einsatz erörtert worden. "Eine sehr einseitige Darstellung der Ereignisse”, so Donner. "Wir müssen mit allen Beteiligten das Gespräch suchen, damit sich solche Vorfälle nicht wiederholen”, setzt der Sicherheitsbeauftragte auf die Ver-nunft der Fans. Am Donnerstag soll bereits ein erster Austausch stattfinden.
Einige Fans scheinen allerdings unbelehrbar, denn bereits auf der Anreise nach Kaiserslautern wurde auf der Raststätte Wattenheim ein Papier-container angezündet.