Süddeutsche Zeitung: Neun Minuten Zuversicht

05.09.2011

0:5 in Worms: Die U23 des TSV 1860 muss im ersten Spiel nach dem Trainerwechsel die nächste Enttäuschung verarbeiten

München – Der Auftrag an Klaus Koschlick kam recht harmlos daher. Er betraf weder Taktik noch Spielformen, noch Aufstellung oder Trainingssteuerung. Lediglich 'aufrichten' solle er die junge Mannschaft, ihr 'Selbstvertrauen geben'. Dann, sagte Robert Schäfer, der Geschäftsführer des TSV 1860 München, würden sich die Ergebnisse ganz von selbst einstellen. So simpel die Vorgabe klingt, so anspruchsvoll ist sie in Wahrheit, schließlich ist auf die U23 der Löwen zuletzt einiges eingeprasselt: der letzte Tabellenplatz in der Fußball-Regionalliga Süd, ein 0:7 gegen Hoffenheim II und eine interne Debatte, die in die fristlose Freistellung von Trainer Bernhard Winkler mündete. Nun also soll dessen bisheriger Assistent Koschlick, 61, das Konzept des Klubs vorantreiben, konsequent Talente aus dem Förderkader einzusetzen und gleichzeitig passable Ergebnisse abzuliefern, unterstützt vom ehemaligen 1860-Stürmer Markus Schroth, 36.

Tatsächlich sah es am Samstag aus, als hätte Koschlick die richtigen Worte gefunden. Sechzigs U23 spielte in der Begegnung bei Wormatia Worms flott mit, hatte durch Kodjovi Koussou die erste richtig gute Torchance (4.). Dann kam die neunte Minute. Ein weiter Abschlag von Torwart Kevin Knödler überforderte die Münchner Innenverteidigung, Christoph Dinkelbach riss den Wormser Michael Schürg von hinten um: Platzverweis und Elfmeter. Jürgen Jung, Nachwuchsleiter des TSV, erkannte in dieser Szene den 'Knackpunkt'. Gut gespielt habe die U23 bis zur roten Karte, die laut Jung 'ausschlaggebend für den weiteren Spielverlauf' war – der keine erfreuliche Fortsetzung finden sollte. Zwar donnerte der Wormser Kevin Wittke den Strafstoß über das Tor, doch fiel die Niederlage mit 0:5 (0:1) nur unmerklich niedriger aus als gegen Hoffenheim. Immerhin im Auftreten bescheinigte Jung den Spielern eine gravierende Verbesserung: 'Die Mannschaft hat sich bis zum Schluss gewehrt, obwohl sie bei brütender Hitze 80 Minuten mit einem Mann weniger hinterherlaufen musste.'

Auf sechs Positionen hatte Koschlick die Startelf im Vergleich zur Vorwoche verändert, nicht jedoch, um sich von seinem Vorgänger bewusst abzugrenzen: Diverse Verletzungen und Platzverweise erforderten Umstellungen, zudem hatten Dimitry Imbongo Boele (Darmstadt) und Korbinian Vollmann (Unterhaching/ausgeliehen) den Verein während der Woche verlassen. Dafür durften aus dem Profikader Dennis Malura und Jonatan Kotzke Spielpraxis erwerben. Ob sie den Einsatz genossen haben, darf bezweifelt werden. Worms, zuletzt selbst zweimal unterlegen, traf kurz vor der Pause (Röser, 43.), kurz danach (Toch/Schürg, 46./50.) sowie zwei weitere Male (Bauer/Schürg, 70./77.). Sechzig gab nicht auf, beteiligte sich weiter am Spielgeschehen, ein Erfolgserlebnis muss sich Koschlicks Mannschaft aber gegen andere Gegner holen. Die Bilanz liest sich niederschmetternd: fünf Spiele, ein Punkt, 1:18 Tore. Auch Nachwuchschef Jung weiß bei allem Aufwärtstrend, den er in Worms erkannt haben will: 'Wir müssen die Fehler schnellstens abstellen, wenn wir mithalten wollen.' Am Mittwoch, 19 Uhr, ist Titelfavorit Kassel zu Gast. Wolfgang Wittl