Nibelungen Kurier: Jeden Zentimeter des Wormatia-Rasens beackert und am Ende auch verdient gewonnen
19.09.2011Mit 3:1-Sieg über dem KSV Hessen Kassel gelang den Wormaten die Wiedergutmachung für zuletzt zwei Auswärtsniederlagen / Am Freitag nach Pfullendorf
VON KLAUS DIEHL Die Gäste aus Kassel begannen stürmisch und die Wormatia-Abwehr schien sich erst überhaupt nicht zu finden. Die Folge war der 0:1-Rückstand bereits in der 9. Minute, als ein weiter Einwurf von Sebastian Gundelach, verlängert vom Ex-Mainzer Tobias Damm, zu Patrick Wolf kam und dieser per Kopf dem Wormatia-Keeper Kevin Knödler keine Abwehrchance ließ. Dies war ein regelrechter Schock und bewirkte lähmendes Entsetzen bei den gut 1.200 Zuschauern.
Doch diesmal gingen die Köpfe der Wormatia-Spieler nicht nach unten und noch keine Minute später stand es 1:1. Die Maßnahme von Wormatia-Coach Ronny Borchers, für den gesperrten Martin Röser von Beginn an Jacob Ammann auflaufen zu lassen, hatte sich ausgezahlt. Michael Schürg war über die rechte Seite enteilt, lief fast bis zur Grundlinie und seine gut getimte Flanke verlängerte Jacob Ammann in bester Torjägermanier per schulmäßigem Kopfball zum 1:1 in den Hessen-Kasten.
Dies schien dem jungen Spieler Flügel zu verleihen, der in der 19. Minute gar das 2:0 auf dem Fuß hatte. Sein spektakulärer Schuss konnte aber ebenso spektakulär vom Gästekeeper Eric Domaschke gerade noch mit den Fingerspitzen über die Querlatte gelenkt werden.
Nun war Feuer im Spiel und es gab Chancen auf beiden Seiten und etliche gelbe Karten auf beiden Seiten. Eine Karte war aber "dunkelrot" und der Kasselaner Viktor Riske dürfte sich wohl auch gewundert haben, nachdem er nach seiner Notbremse von hinten und kurz vor dem Sechzehner der Hessen den enteilten Michael Schürg von den Beinen geholt hatte. Eine sicherlich mehr als großzügige Regel-Handhabung durch den ansonsten gut leitenden Bundesliga-Schiedsrichter und mehrfachen Referee bei Wormatias Heimspielen, Markus Wingenbach aus Diez an der Lahn.
Doch die Rache von Michael Schürg sollte nicht lange auf sich warten lassen. Es war die 43. Minute, als Martin Gollasch per Kopf in den freien Raum verlängern konnte, worauf der schnelle Wormatia-Angreifer sich durch nichts mehr aufhalten ließ und das runde Spielgerät flach und platziert zur 2:1-Führung im Kasseler Tor unterbrachte. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Frage aufkommen, ob die Führung doch etwas glücklich war. Doch Glück, das sich die Wormaten insgesamt auch verdienten, gehört bekanntlich auch dazu, wenn man nach zwei deprimierenden Auswärtsniederlagen wieder in die Erfolgsspur – und dies gegen einen vor Saisonbegin hoch gehandelten Titelfavoriten – zurückkommen will.
Sicherlich besaßen die Gäste durch Caner Metin eine Riesenchance, als dieser nach einem Pass von Nazif Hajdarovic am großartig reagierenden Kevin Knödler scheiterte. Riesenglück auch für die Wormaten, als nur wenig später Dennis Wehrend knapp an einer Flanke vorbei rutschte. Da wäre Kevin Knödler, der bis auf eine kleine Unsicherheit eine sehr gute Leistung zeigte, absolut machtlos gewesen. Auf der anderen Seite bot sich Jacob Ammann nach einer halben Stunde Spielzeit eine nicht minder gute Torchance, doch schoss er den Ball mit direkter Annahme etwas zu überhastet über das Tor. Bei etwas mehr Ruhe und Übersicht hätte er den Ball wohl angehalten und den KSV-Torhüter gefragt, wo er ihn hinhaben möchte. Doch bei seinen gerade einmal 20 Jahren sei es dem jungen Angreifer verziehen, der nach der Pause in einer ähnlichen Situation erneut knapp verfehlte, aber letztlich doch der Spieler war, der maßgeblich am 3:1 in der 81. Minute durch Daniele Toch beteiligt war.
Jacob Ammann hatte im Zweikampf den Ball erobert und sein Pass in die halblinke Position erreichte Daniel Toch, der gleich an mehreren Gegenspielern vorbei Haken schlug und fast von der Strafraumgrenze und entgegen der Laufrichtung des KSV-Keepers das Spielgerät in das linke untere Eck platzierte. Nur wenige Minuten zuvor war Daniele Toch noch am herauseilenden Gästekeeper gescheitert und Michael Schürg zu Unrecht nach einer angeblichen Abseitsstellung zurückgepfiffen worden.
Gemessen am Spielverlauf – besonders nach der Pause – darf man den Wormatia-Sieg auch als verdient bezeichnen. War man doch in den zweiten 45 Minuten dem 3:1 meist näher als die Gäste dem Ausgleich.
Deren Christian Hock war nach Wiederanpfiff ab der 53. Minute mehr als enttäuscht, denn bei aller optischen Überlegenheit – die Wormaten verlegten sich mehr auf schnelle Konter und lange Bälle aus der Abwehr heraus – konnten die Gäste keinerlei Druck mehr in Richtung Wormatia-Tor aufbauen und verloren auch ihr schnelles Spiel nach vorne.
Nun, bekanntlich spielt man meist so gut, wie es der Gegner zulässt, und dies taten die Wormaten, die zuvor durch individuelle Fehler von Tim Bauer und Marco Metzger vor und Martin Gollasch kurz nach dem Seitenwechsel die klaren Torchancen der Gäste erst ermöglichten, diese aber in der zweiten Halbzeit abstellten, womit auch die Wormatia-Defensive immer sicherer stand. Ein Lob geht hier an den in der 48. Minute für den verletzten Kevin Wittke eingewechselten letzten Neuzugang Nico Müller, der stabilisierend und auch als Passgeber seine Qualitäten schon einmal andeuten konnte. Für ihn war Christoph Böcher auf die Sechserposition gewechselt.
Es braucht auch halt seine Zeit, wenn eine zuvor eingespielte Defensive auf drei ihrer Stammspieler wegen Weggangs verzichten muss und dazu Marco Stark, derzeit wegen einer Viruserkrankung nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, nicht eingesetzt werden kann. Mit Marco Metzger musste dafür ein 19-jähriger und mit Marcel Abele ein lange verletzter Spieler eingebaut werden und Sandro Rösner und Tim Bauer hätten dominierender auftreten können. Es braucht sicherlich noch seine Zeit, um gegenseitig zu vollem Vertrauen zu kommen und die Stärken und Schwächen der Nebenspieler zu erkennen.
Da hilft zuvorderst eine starke Offensive und die ist beim VfR Wormatia auf einem guten Weg. Aber es braucht auch Laufbereitschaft, sich auf allen Positionen für seinen Nebenmann einzubringen. Man darf gewiss sein, dass sich diese Wormatia-Elf noch weitaus besser einspielen wird und man – sicherlich werden Rückschläge nicht ausbleiben – am Ende auch einen einstelligen Tabellenplatz erreichen kann. Da muss die Devise bei jedem Spiel ab sofort lauten: Zuerst kämpfen, dann kommt das Spielerische von alleine. Wie hoch die Wormatia letztlich nach Saisonende in der Tabelle angesiedelt sein wird, darauf darf man, nicht ohne Hoffnung, gespannt sein. Wer erinnert sich noch an die letzten drei Jahre Regionalliga? Ist da der VfR Wormatia – dies mit teilweise sehr jungen Spielern – derzeit nicht in einem besseren Regionalliga-Fahrwasser? Dies gilt es zu sehen und weiter daran zu arbeiten.
Bereits am Freitag geht es zum SC Pfullendorf
Es ist eigentlich nur schwer verständlich, dass der VfR Wormatia an einem Freitagabend zum Tabellenletzten SC Pfullendorf reisen muss, wo um 19.30 Uhr der Anpfiff ist. Verbunden ist das mit einer sehr weiten Fahrt und der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, im Stau des Freitagverkehrs zu stecken. Dies sollte aber für die Mannen um Kapitän Sandro Rösner zusätzliche Motivation sein, sich mit einem Dreier für die zu erwartenden Unbilden zu entschädigen.
Doch darf man den bisher noch sieglosen und gastgebenden Tabellenletzten nicht unterschätzen, sondern man muss da weitermachen, wo man gegen den KSV Hessen Kassel aufgehört hat. Alles andere wäre wohl eine Enttäuschung.