5vier.de: Wormatia Worms: “Pokal-Ronny” entfacht neue Euphorie
30.08.2012
Von Florian Schlecht
Seit Ronny Borchers Trainer von Wormatia Worms ist, hat der Traditionsverein wieder Träume. Im DFB-Pokal zwang der Fußball-Regionalligist zuletzt Hertha BSC in die Knie. Am Freitag reist das Team zum Derby bei Eintracht Trier (19.30 Uhr).
Als Nationalspieler galt Ronald Borchers früher als „Disco-Ronny“, weil er von der Presse einige Male in Diskotheken gesehen wurde. In seiner Rolle als Trainer von Wormatia Worms schreibt der ehemalige Bundesligaprofi nun Schlagzeilen als „Pokal-Ronny“. Denn mit dem 2:1-Sieg gegen Hertha BSC gelang dem Fußball-Regionalligisten vor Wochen ein echter Paukenschlag in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals. Über 250.000 Euro spülte der Überraschungserfolg in die Kassen des Traditionsvereins, im Oktober ist der 1. FC Köln der nächste Gegner. Und Borchers, der das Trainerzepter in Worms im September 2010 übernahm, als der Klub noch in höchster Abstiegsgefahr schwebte, ist begeistert über die neue Euphorie in der Nibelungenstadt. „In den Schulen sieht man Kinder endlich wieder mit Wormatia-Trikots, alle Helfer haben ein Strahlen im Gesicht, über uns wird national gesprochen“, lächelt er.
Nur in der Liga, da wartet Borchers weiterhin auf den ersten Saisonsieg seiner Mannschaft. Den nächsten Anlauf nimmt die Wormatia bei Eintracht Trier am Freitag (19.30 Uhr). Auch für die Fans in Worms ist das ein besonderes Spiel, das hat der Trainer in einigen Gesprächen vor Ort erfahren. „Viele Leute haben mir gesagt, dass sie nach Trier fahren, weil sie das Duell als Derby empfinden. Nicht von der Entfernung her, aber aus der Geschichte heraus.“ Wenn der sportliche Knoten an der Mosel platzt, könnte das bei den Wormsern noch ungeahnte Kräfte freisetzen. Nicht umsonst wurden sie vor der Saison von den Regionalliga-Trainern zu den heißen Titelfavoriten gezählt.
“Wir haben eine neue Welt betreten”
„Der Pokal hatten wir sicher im Rücken“, begründet Borchers die Durststrecke im Liga-Alltag. „Die Jungs haben Tag für Tag die Umbaumaßnahmen im Stadion mitbekommen, es gab so viele Interviewanfragen wie nie zuvor. Da haben meine Spieler eine ganz neue Welt betreten, die sie gar nicht kannten.“ Auch personelle Engpässe führt der Trainer als Argumente ins Rennen, wenn es um den enttäuschenden Start geht. „Wir haben 16 Feldspieler, zwei Talente aus der Jugend und zwei Torhüter“, hat Borchers nur einen kleinen Kader zur Verfügung. Ausfälle wie zu Saisonbeginn von Neuzugang Marco Steil (Holstein Kiel), eine Bronchitis von Torjäger Romas Dressler oder fehlende Spielpraxis wie bei Angreifer Adam Jabiri wiegen da doppelt schwer.
Daher wird ein Teil der Pokal-Einnahmen auch in neue Spieler investiert. Ansonsten soll das Geld und das aufpolierte Image genutzt werden, um die infrastrukturellen Bedingungen in Worms zu verbessern. „Wir trainieren auf dem Hauptplatz. Der reguläre Trainingsplatz quillt über, weil da die Jugendmannschaften und Damen arbeiten“, hat der Coach mit Hindernissen zu kämpfen. Als er auf Profitum angesprochen wird, lacht er laut auf. „Entschuldigung, da muss ich schmunzeln“, wirft er ein. „Wir sind alles andere als Profis.“ Viele Spieler in Worms arbeiten oder studieren neben dem Fußball. Trainiert wird täglich um 17 Uhr, dienstags gibt es eine freiwillige Zusatzeinheit. Wer Zeit hast, ist da – wer im Job gebunden ist, fehlt. „Ich arbeite auch daran, dass unser Physiotherapeut bei jedem Training und Spiel dabei ist.” Die Entwicklung sieht der Trainer aber gelassen. Kein Wunder, beim Sprung vom Fast-Absteiger zum Pokalschreck in 22 Monaten. “Wir gehen auch die nächsten Schritte in Ruhe an.”