Rhein Zeitung: TuS-Teamchef vermisst Mut und Gier

27.10.2014

Koblenz. Das zarte Pflänzchen Aufschwung beim Fußball-Regionalligisten TuS Koblenz droht schon wieder zu verwelken. Bei der 0:2-Heimniederlage gegen Wormatia Worms fielen die Schängel nach zwei vielversprechenden Siegen wieder zurück in überwunden geglaubte Verhaltensmuster. Teamchef Evangelos Nessos brachte das Dilemma auf den Punkt: "Wir haben ohne Mut und ohne Selbstvertrauen gespielt, es fehlten Aggressivität und Gier."

Vor allem im zweiten Durchgang ließ sein Team nicht erkennen, dass es in der Lage sein könnte, wie zuletzt in Neckarelz einen 0:1-Pausenrückstand zu drehen. Unterm Strich standen in Durchgang zwei null Torchancen für die TuS, dafür jede Menge Abseitspfiffe gegen die Koblenzer Angreifer, die den Wormser Gästen immer wieder in die Falle tappten.

Nessos fand für die insgesamt schwache Vorstellung seines Teams eine Erklärung, die er aber nicht als Entschuldigung verstanden wissen wollte: "Das Fehlen dreier so wichtiger Stammspieler können wir einfach nicht kompensieren." Neben den Gelb-gesperrten Eldin Hadzic und Samir Benamar war kurzfristig auch Kapitän und "Leitwolf" Michel Stahl ausgefallen. Der Teamchef wunderte sich: "Ich habe am Freitagmorgen per Telefon die Hiobsbotschaft erhalten, dass Stahli verletzt ist und nicht spielen kann. Dabei hatte er ganz normal trainiert und kein Wort über irgendwelche Beschwerden oder Schmerzen gesagt."

Stahl selbst war es ähnlich gegangen: "Ich war ganz perplex, als der Arzt mich mit der Diagnose konfrontierte", kommentierte der zuletzt so starke Kapitän. Anfang der Woche soll geklärt werden, was im Knie des ewigen Pechvogels wirklich kaputt ist; eine längere bis lange Zwangspause scheint jedoch unvermeidlich.

Zurück zum Spiel: Trotz akuter Harmlosigkeit in der Offensive hätte die TuS nicht verlieren müssen. "Zwei hundertprozentige Chancen" hatte Trainer Nessos gesehen, als kurz vor der Pause die frei stehenden Anel Dzaka per Heber und dann Dustin Ernst per Flachschuss den Ball nicht an Gästetorwart Tim Paterok vorbeibrachten. "Bei der zweiten Chance hat der Torwart sehr gut reagiert", analysierte Nessos, "und Anel ist mit seiner Chance zu fahrlässig umgegangen."

Ein Ausgleichstreffer vor der Pause, räumte Verteidiger Daniel Reith ein, "wäre unverdient gewesen" – aber: "Hätten wir einen reingemacht, wäre es vielleicht anders gelaufen" Der ehemalige Ulmer, der nach dem Spiel noch ein wenig mit seinem früheren Mannschaftskollegen und heutigen Wormser Florian Treske kuschelte, legte den Finger in die Wunde, als er schimpfte: "Ich verstehe das nicht; wir sind von Anfang an nicht richtig auf dem Platz. Wenn wir nur zehn Prozent weniger geben, reicht es einfach nicht."

Die Wormser, zuletzt dreimal von vermeintlich schwächeren Teams bezwungen, brauchten keine Glanzleistung, um auf dem Oberwerth zu triumphieren. Ihr Trainer Sascha Eller hatte aus der Not eine Tugend gemacht und den kurzfristigen Ausfall seines Defensiv-Stabilisators Benjamin Maas, der sich im Abschlusstraining eine Fußprellung zugezogen hatte und beim Aufwärmen feststellte, dass ein Einsatz nicht infrage kam, durch eine offensive Lösung kompensiert. Der Ex-Koblenzer Ideal Iberdemaj, der in der vergangenen Hinrunde keinen nachhaltigen Eindruck am Oberwerth hinterlassen hatte und alsbald nach Pfullendorf gewechselt war, zeigte in vorderster Linie eine engagierte Vorstellung, bereitete den Wormser Führungstreffer überlegt mit einer "Brust-Vorlage" vor, ehe Enis Saiti einschoss (30.), und sorgte immer wieder für Unruhe in der Koblenzer Defensive.

Die zarten Koblenzer Hoffnungen, vielleicht doch noch eine Wende herbeizuführen, zerstörte der Unparteiische. Beim Zweikampf zwischen Akihiro Saito und Ricardo Antonaci am Strafraumeck war aus der Tribünen-Perspektive jedenfalls kein Foul zu erkennen. Schiedsrichter Florian Steinberg sah jedoch mehr und gab Elfmeter, den Alan Stulin humorlos verwandelte (70.). "Mein Spieler sagt, er sei von hinten getroffen worden", beteuerte Wormatia-Trainer Eller. Der Unparteiische, dessen Gespann schon zuvor durch die zahlreichen Abseitsentscheidungen den Unmut der Koblenzer Zuschauer auf sich gezogen hatte, wurde durch diesen Strafstoßpfiff endgültig zum Buhmann der Blau-Schwarzen. Doch TuS-Präsidiumsmitglied Frank Linnig stellte zu Recht fest: "Es lag nicht am Schiedsrichter, dass wir verloren haben." Was Evangelos Nessos bestätigte: "Der Schiedsrichter war bestimmt nicht gut, aber wir waren nicht besser."