Sonstige: Zurück an alter Stätte: Waldhof Mannheim besiegt Wormatia Worms im Südweststadion
19.10.2015turus.net
Wenn in den 80er Jahren der Nachrichtensprecher der Tagesschau mit nüchterner Stimme die Ergebnisse der Bundesliga durchsagte, war ein Name immer mit dabei: SV Waldhof Mannheim. Und hier die Ergebnisse vom 34. Spieltag: Blau-Weiß 90 Berlin – FC Homburg: 2:2, Werder Bremen – 1. FC Köln: 2:1, Waldhof Mannheim – Bayer 05 Uerdingen: 2:3. Man schrieb den 17. Juni 1987. Rund 6.000 Zuschauer sahen im Südweststadion von Ludwigshafen, wie die Waldhof-Buben Dank zweier Treffer von Fritz Walter mit 2:0 in Führung gehen. In der Halbzeitpause schenkte Trainer Klaus Schlappner wohl keinen guten Tee aus, denn im zweiten Spielabschnitt mussten noch drei Gegentore hingenommen werden. Die Uerdinger Werkself, trainiert von Kalli Feldkamp, nahm am Ende zwei Punkte mit. Ganz so wild war es nicht, denn der SV Waldhof schloss damals die Saison als 14. ab. Auch 1987/88 war Mannheim im Fußballoberhaus dabei. Nonstop von 1983 bis 1990 spielten die Mannheimer in der 1. Bundesliga, die Heimspiele wurden im Zeitraum von 1983 bis 1989 im benachbarten Ludwigshafen ausgetragen. In der Saison 1989/90 bezog man dann das Stadion am Alsenweg. Das heutige Carl-Benz-Stadion wurde 1994 fertiggestellt und mit dem Zweitligaspiel gegen Hertha BSC eröffnet.
26 Jahre später kehrte nun der SV Waldhof Mannheim als Regionalligist zurück ins Südweststadion, das ab 1937 gebaut und 1940 fertiggestellt wurde. Das damalige Adolf-Hitler-Stadion wurde allerdings – wie fast die gesamte Stadt Ludwigshafen – im Zweiten Weltkrieg zerstört und wurde von 1946 bis 1950 aus dem Trümmerschutt der Städte Ludwigshafen und Mannheim wieder aufgebaut. Am 22. Juni 1952 fanden das Meisterschaftsfinale VfB Stuttgart vs. 1. FC Saarbrücken (3:2), in den Jahren 1954 und 1968 die beiden Pokalendspiele VfB Stuttgart vs. 1. FC Köln (1:0 n.V.) und 1. FC Köln vs. VfL Bochum (4:1) im weitläufigen Südweststadion statt. Zu den Pokalfinals strömten jeweils 60.000 Zuschauer auf die Ränge. Nur noch ein Zehntel dieser Zuschauerzahl ist derzeit als Kapazität zugelassen. Geöffnet sind nur die Haupttribüne und ein Gästeblock auf der Gegengeraden.
Gastgeber war am vergangenen Samstag allerdings nicht der SV Waldhof Mannheim, sondern der VfR Wormatia Worms, der sein Heimspiel dorthin verlegte. Aufgrund der hervorragenden Tabellensituation hatte die Fanszene des SV Waldhof mobil gemacht. Als Fanmarsch sollte es geschlossen zu Fuß von Mannheim nach Ludwigshafen gehen. Gesagt, getan. Um 11 Uhr wurde sich am Mannheimer Schloss getroffen, wo es Motto-Fahnen für fünf Euro das Stück gab. Gegen halb 12 setzte sich der blau-schwarze Tross in Bewegung, begleitet wurde dieser von wenigen Polizisten. Selbst eingesetzte Waldhof-Ordner sorgten dafür, dass auf der Rheinbrücke der Gehsteig genutzt wurde und auch sonst alles im Rahmen blieb. Bengalische Fackeln wurden nicht gezündet, es blieb bei blauen und orangefarbenen Rauchtöpfen, die hier und dort abgestellt wurden. Auf der anderen Rheinseite sorgte die Polizei dafür, dass die Querstraßen abgeriegelt wurden und keine PKW in die Quere kamen. Störungsfrei wurde die altehrwürdige Spielstätte erreicht und die Vorbereitungen für das mit Spannung erwartete Spiel konnten getroffen werden.
„Waldhof-Buben“ war auf einem großen am Zaun des Gästeblocks befestigten Banner zu lesen. Dahinter wehten hunderte blau-schwarze Fahnen. Das Ganze wurde vom hochsteigenden orangen und blauen Rauch untermalt. Auf Seiten von Wormatia Worms hatten sich rund 20 Ultras eingefunden, die mit Trommel und fünf Fahnen auf sich aufmerksam machen wollten. Ganz klar die Stimmungshoheit hatten – was kaum verwundern wird – die kompakt stehenden Waldhof-Fans. War die gesamte Zeit über die Stimmung prima, so wurde diese noch besser, als Jannik Sommer in der 55. Minute das 1:0 für Waldhof erzielte. Diese knappe Führung konnte über die Zeit genommen gebracht werden, und da die direkten Konkurrenten SV Elversberg (0:2 beim SV Spielberg), 1. FC Saarbrücken (1:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern II) und Kickers Offenbach (0:0 gegen Neckareiz) Federn lassen mussten, konnte die Tabellenführung weiter ausgebaut werden.
Große Freude bei Fans und Spielern. Letztere schnappten sich ein paar Motto-Fahnen und tanzten nach Abpfiff im Kreis. Hanno Balitsch kletterte zu den Fans auf den Zaun und schnappte sich das Megaphon. Zum Mikrofon griff indes Waldhof-Spieler Alban Sabah und interviewte den Trainer Kenan Kocak. Gute Laune soweit das Auge reichte. Nach Jahren der bleiernen Schwere ist nun endlich wieder Aufbruchstimmung zu spüren. Noch ist der Weg lang und steinig, doch werden weiterhin fleißig die Punkte eingesammelt, stünde der Aufstiegsrunde am Ende der Saison nichts mehr im Wege. Man mag es sich kaum ausmalen. Mögliche Gegner wären der VfB Oldenburg und der SSV Jahn Regensburg. Oder gar der FC Carl Zeiss Jena, der FSV Zwickau oder der BFC Dynamo. Soweit wird man jedoch noch nicht denken wollen. Erst einmal an die kommende Aufgabe denken, die da heißt: Heimspiel am kommenden Sonntag gegen den FK 03 Pirmasens!