Kicker Sportmagazin: Worms im siebten Fußballhimmel

20.06.1977

Das Wormser Backfischfest ist ein Asketentreff verglichen mit dem, was sich nach dem Schlusspfiff im Stadion abspielte. Die Fans spielten verrückt, die Spieler waren schier aus dem Häuschen, Jubelgesänge und Fahnenschwenken wollten kein Ende nehmen.

Die Kapelle, vorsorglich bestellt, schmetterte unentwegt Siegesmärsche. Umarmungen und Küsse auf Tribüne und Rängen, offizielle Glückwünsche, ein erstes „Aufstiegsprost“ mit Sekt in der Kabine – spontan feierte Wormatia die Rückkehr in die zweite Liga Süd nach zwei Jahren Abwesenheit.

Dem dreifachen Torschützen Emanuel Günther wurde schier das Hemd vom Leib gerissen, er wurde im Übereifer fast erdrückt. Zu Saisonbeginn noch umstritten, wurde der Torjäger und Kopfballspezialist von Bernd Hoß bravourös aufgebaut.

Hoß wusste warum er Günther dem KSC als kommenden Verein von beiden empfahl! „Dem Günther werden wir noch manche Tränen nachweinen“, vermutet die Vorstandschaft.

Doch von Hoß scheidet der Aufsteiger in Frieden. Nachfolger Kern anerkannte die Arbeit des Schwergewichts („Ich bin erst 14 Tage im Amt, in dieser Zeit kann man weder Kondition noch Technik verbessern!“). Er, Kern habe lediglich seine eigenen taktischen Vorstellungen noch einfließen lassen können und insbesondere Optimismus geschürt: „Ihr schafft es noch!“, habe er der Mannschaft eingeimpft, und genau auf den Punkt ist das 3:0 eingetroffen.

Zu den ersten Gratulanten zählte auch einer der größten „Fußballsöhne“ von Worms, der aus der Wormatia hervorgegangene Rudi Kargus. Der auch nationalelferprobte HSV-Torhüter sah zwei exzellente Schlussleute, wiewohl der einheimische Zander ungleich weniger als Jürgen Muche beschäftigt war.

Doch mit noch größerer Befriedigung als Kargus sah Lorenz Horr den erfolgreichen Aufstiegskrimi.

Zwar hatte er sich auch dann für Worms verpflichtet, falls dieses im Amateurbereich hätte verbleiben müssen, doch dem „Lenz“ ist es lieber, seine Künste in der 2. Liga zu zeigen. Und was der waschechte Pfälzer noch drauf hat, konnte ja in den zwei DFB-Pokalendspielen zur Genüge bestaunt werden.

Die weiteren Neuen von Worms werden zwei 05er sein., Raubold von Schweinfurt 05 und Zahn von Mainz 05. In Richtung Ersatz für Günther gehen noch weitere Bemühungen. Namen wurden nicht genannt, doch bei diesen Vier wird es bleiben. Vorgespräche mit dem Ex-Wormser Heß, dem Kapitän von Neunkirchen, entbehrten wohl ernsthafter Grundlage. Heß und seine Borussen aber gratulierten, wenn auch wehmütig, mit Anstand dem Aufsteiger. Der Neunkirchener Weizen soll im dritten Anlauf blühen …