Die Rheinpfalz: Wieder so ein verrücktes Spiel

29.09.2003

FUSSBALL-OBERLIGA: SCH verliert nach 3:0-Führung noch mit 3:5 in Worms

Von unserem Mitarbeiter

Christian Schreider

WORMS. Wormatia-Stadion an der Alzeyer Straße, Samstag, 16.05 Uhr: Manuel Hornig spielt lässig den Wormser Coach und Interims-Abwehrchef Dirk Anders aus, schießt locker ein zum 0:3 nach 35 Spielminuten. Zynisches Gehöhne von der Tribüne, die Wormatia nach dem 0:1 gegen Mayen nun vom SC Hauenstein endgültig der Lächerlichkeit preisgegeben wähnt. Ein halbes Jahr zuvor hieß es an gleicher Stätte zu diesem Zeitpunkt schon 0:4 aus Wormser Sicht.

31 Minuten später: Ex-Bundesligastürmer Stefan Ertl versenkt eine Flanke von Matthias Dehoust in Jens Michelbachs Maschen, es steht 4:3 für Worms, später gefolgt vom 5:3-Endstand. Ein gedrehter, ein verdrehter Kick.

„Wir haben immer die verrückten Spiele", sagt schließlich ein schmunzelnder Dirk Anders in der Pressekonferenz mit Robert Jung – auch eingedenk des Wormser 3:2 in Hauenstein vor Jahresfrist, als der SCH die Wormatia (wie am Samstag die Wormatia den SCH ab der 37. Minute) an die Wand spielte, durch die Treffsicherheit des eingewechselten Anders aber trotzdem verlor. Jung konnte es hernach schon wieder mit ein bisschen Humor nehmen, gab aber auch etwas preis von den bisweilen aufkeimenden Verzweiflungsmomenten eines Trainers: „Ich habe sie in der Halbzeit fast auf den Knien angefleht: Verzögert das Spiel, haut die Bälle raus, lasst die nicht in einen Spielfluss kommen! Und dann gehen wir am eigenen Sechzehner in die Zweikämpfe und verlieren sie natürlich."

Die in der 37.Minute eingewechselten Marcel Gebhardt und Giuliano Arcangioli („zwei Glücksgriffe des Kollegen", so Jung) nutzten dies im Verbund mit den Ex-Profis Ertl und Dehoust eiskalt aus. „Einige, die dachten, sie seien schon weiter, haben ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Marx etwa ist von Ertl phasenweise vorgeführt worden", bedeutet Jung und tröstet gleichzeitig seinen U20-Länderpokalsieger: „Der Bub ist aber ja gar nicht schuld, der hat alles versucht, alles gegeben. Letztlich sind alle in sich zusammen gesackt."

Es sei „nicht leicht, ein sachliches Statement abzugeben, aber ich bemühe mich", sagte Jung in der Pressekonferenz – um diese Aufgabe dann mit der Souveränität des Erfahrensten, des Nestors der Oberligatrainer zu erfüllen. Er hatte genug Grund dazu, eigentlich alles richtig gemacht. Etwa gegen die zutreffend als löchrig beobachtete Wormatia-Abwehr den schnellen Michael Hunsicker gestellt, der denn auch prompt das 0:1 (22.) nach Wormser Fehler und Jochen Ellermanns perfektem Pass in die Gasse markierte. Rechts außen agierte Rudolf Benkler flinker als Björn Miehe, was zum 0:2 (33.) durch Steffen Kohls Eigentor führte. Links hinten hatte der in der Viererkette etwas vorgezogen operierende Jens Reisdorf den antrittsstarken Christian Vogel im Griff, zumindest 40 Minuten.

Dass danach alles anders kam – „auch das gehört zum Fußball", so Jung nach Absturz und Abpfiff in der Kabine: „Da kann man jetzt nicht draufhauen." Der Nestor als Seelentröster …