SWR: Pokalsiegerbesieger zurück im Regionalliga-Alltag

22.08.2018

Nur drei Tage nach der Sensation im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt muss der SSV Ulm in der Regionalliga in Worms ran. Einige treue Fans haben ihr Team begleitet.

Es ist ein harter Schnitt, den die treuesten Fans des SSV Ulm innerhalb von nur drei Tagen erleben. Am Samstag noch vor 18.500 Zuschauern im ausverkauften Stadion Pokalsieger Eintracht Frankfurt aus dem Wettbewerb geschossen. Nun vor 1.036 Zuschauern am Dienstagabend im kleinen Wormser Stadion Regionalliga-Fußball. Die Wormatia hatte am Samstag ebenfalls ihren großen Pokal-Auftritt, verlor aber gegen Bremen deutlich.

Rund 40 Anhänger haben ihre Ulmer Helden in die Nibelungenstadt begleitet. Vor dem Spiel feiern sie ihr Team im Gästeblock mit einer kleinen Choreographie als "Pokalsiegerbesieger". Nach dem Spiel, das der SSV durch einen späten Gegentreffer 0:1 (0:0) verliert, ist dann wieder Ernüchterung eingetreten. Harter Regionalliga-Alltag.

Mit 95 Prozent zu drei Punkten?

Vor dem Spiel sind die Fans noch optimistisch, dass die Pokal-Euphorie auch auf die Liga übertragen werden kann: "Genau wie am Samstag wird es nicht werden. Da bringt jeder gegen einen Bundesligisten 150 Prozent. Aber wenn heute jeder 95 Prozent abruft, dann sind drei Punkte drin", äußert sich ein Anhänger optimistisch, der dank der Urlaubszeit mit einer ganzen Gruppe angereist ist. "Wir sind sehr gut gestartet. Die Euphorie ist bei allen riesengroß, weil dieses Jahr wirklich etwas geht."

Teil dieser Gruppe ist auch eine Frau, die weniger wegen ihrer Vereinsliebe auf Ulmer Auswärtsfahren dabei ist. Denn sie ist die Mutter von SSV-Linksverteidiger Michael Schindele, der die Partie gegen Frankfurt nach einer Kopfverletzung mit einem Turban beenden musste. Kurzzeitig war er sogar im Krankenhaus. "Ich bin bei jedem Spiel hochmotiviert, wenn er dabei ist, egal ob Frankfurt oder Worms", sagt Ruth Schindele, die im Trikot ihres Sohnes mit der Nummer 3 angereist ist. In Worms kehrt auch für die Schindeles der Alltag wieder ein: "Die Spieler können den Schalter wieder auf Normalbetrieb umlegen", ist sich Ruth Schindele sicher.

Auswärtsfahrten für treue Fans „Pflicht“

Ihr Sohn ist sich trotz der knappen Niederlage sicher, dass das gelungen ist. "Das war eine gute Leistung von uns. Wir haben alles reingehauen", sagt er. "Dass die Kräfte ein bisschen weg waren, ist klar. Wir waren so fokussiert wie sonst auch und haben uns ganz normal auf das Spiel vorbereitet. Keiner hat nachgelassen."

Genau das ist es, was die Fans von ihren Ulmern erwarten. "Wir sind den Regionalliga-Betrieb gewöhnt. Frankfurt war eine absolute Ausnahme", sagt ein junger Anhänger. "Der Unterschied zu Samstag ist, dass kaum Fans da sind. Aber es ist trotzdem cool, mitzufahren." Dafür nahmen sich er und sein Kumpel gerne Zeit. "Wenn es möglich ist, sind wir bei jedem Auswärtsspiel dabei. Das ist Pflicht, oder?", fragt ihn sein Begleiter. "Sonst muss man kein Fan sein."

Später Wormser Siegtreffer

Die beiden und die anderen mitgereisten Ulmer Fans erleben eine über weite Strecken ereignislosen Partie. Beiden Teams ist die Rotation ebenso wie die Müdigkeit nach den Pokalspielen anzumerken. Bitter für die Gäste: Neuzugang Lennart Stoll muss kurz vor der Pause verletzt ausgewechselt werden. Kurz vor Schluss gelingt den Hausherren das goldene Tor. Der eingewechselte Dimitrios Ferfelis schießt den Ball nach einer Ecke per Vollspann aus kurzer Distanz unter die Latte (89.): der glückliche, aber nicht unverdiente Siegtreffer für die Wormatia.

Wie es sich für treue Fans gehört, stehen die Ulmer Auswärtsfahrer auch nach Rückschlägen hinter ihrem Team und bleiben realistisch: "Wir haben die Mannschaft auch nach dem Spiel hochleben lassen. Sie hat sich das verdient, auch wenn jetzt unglücklich verloren wurde", sagt ein Anhänger nach dem Abpfiff. "Von Anfang an das Ziel war ja nicht der Aufstieg. Wenn wir weiter oben mitspielen, ist das schon viel wert." Erst mittelfristig laute das Ziel Aufstieg. "Die Mannschaft hat alles gegeben. Es war klar, dass es nach dem Spiel am Samstag und der kleinen Feier danach etwas schwieriger wird", sagt ein anderer Fan. "Nächstes Mal gewinnen wir wieder."

Vorfreude auf Pokal-Auslosung am Sonntag

Trösten können sich die Ulmer mit der Vorfreude auf die zweite DFB-Pokalrunde Ende Oktober. Sie sind gespannt, welches Los ihnen 100-Meter-Vize-Europameisterin Gina Lückenkemper am Sonntag (ab 18 Uhr) in der ARD-Sportschau bescheren wird. "Jeder will natürlich die Bayern. Schön wäre ein Traditionsverein, wo die Hütte wieder voll wird. Schlagen tun wir eh jeden", stellt ein Fan lachend klar. "Und dann ab nach Berlin!", ergänzt sein Begleiter.

Und die Wormatia? Frankfurt schlägt die Bayern, Ulm Frankfurt und Worms besiegt Ulm – nach dem kleinen Fußball-Einmaleins ist das Jones-Team nun also besser als der große FCB. "Pokalsiegerbesieger-Besieger"? Trainer Steven Jones hat nichts dagegen: "Das ist gar nicht so unsympathisch, oder?", schmunzelt er. Denn es sind Kleinigkeiten wie diese, die ein wenig Abwechslung in den Regionalliga-Alltag bringen. So ist der Schnitt zwischen DFB-Pokal und Liga dann auch nicht mehr ganz so hart.