Sonstige: W1 im Gespräch mit Fritz Bergemann-Gorski (Auszüge)
29.11.2003
Wie lautet das Fazit des Vorstandes nach dem Ende der
Hinrunde?
Der sportliche Verlauf der Hinrunde war sicherlich nicht
zufriedenstellend. Aber man muss auch festhalten, dass man in
den letzten Spielen eine gewisse Kontinuität
eingekehrt ist. Trotzdem ist unser Saisonziel nicht mehr
erreichbar und die Folge daraus ist, dass nun der Pokal oberste
Priorität genießt und die Planungen
für die nächste Saison bereits
begonnen haben.
Welche Fehler hat der Vorstand gemacht oder ist das
enttäuschende Abschneiden alleine auf die
Leistung der Spieler
zurückzuführen?
Wenn von unserer Seite Fehler gemacht wurden, dann vielleicht,
dass wir mit dem Saisonziel "Meisterschaft" die Mannschaft zu
sehr unter Druck gesetzt haben. Ein Fehler war es
rückblickend sicherlich auch, dass wir nach der
Verletzung von Stefan Ritschel nicht im Abwehrbereich personell
aufgerüstet haben.
Viele sind der Meinung, dass mit dem Verkauf von Ralf
Schmitt und Arijan Berisha auch ein Spitzenplatz verkauft
wurde.
Das ist kompletter Unsinn! Die Spieler sind nicht verkauft
worden, sondern die Spieler haben uns verlassen. Wenn ein Ralf
Schmitt ein Angebot vom Karlsruher SC erhält,
dann ist es okay, wenn er – gerade in seinem Alter – dieses
Angebot annimmt. Für Berisha gilt: Wir haben
einen gewissen finanziellen Rahmen, der für alle
Spieler gilt und der bleibt auch bei einem Berisha bestehen.
Bei Misserfolg wird auch immer der Trainer in Frage
gestellt. Wie stehst du zur Trainerdiskussion?
Wir haben diese Diskussion nicht geführt. Was
mich aber überrascht hat, war die Tatsache, dass
die Diskussion schon so frühzeitig losging. Es
ist für mich unverständlich, dass
ein Trainer, der im Vorjahr eine No-Name-Truppe zur
Vizemeisterschaft geführt hat, bereits nach 1-2
schwachen Spielen in Frage gestellt wird . […] Wenn man ein
Ziel nicht erreicht, wird natürlich auch der
Trainer in Frage gestellt. Das ist eine ganz normale Sache.
Wäre es bei manchen Entgleisungen der
Spieler nicht besser gewesen, einen Trainer zu haben, der
härter durchgreift?
Für mich gibt es nur gute und schlechte Trainer.
Wichtig ist die Kompetenz und nicht, ob ein Trainer nun ein
harter Hund ist, der durchgreifen kann.
Wird Dirk Anders – nach heutigem Stand – die Mannschaft
auch in der nächsten Saison
betreuen?
Nach heutigem Stand ja, aber wir müssen
natürlich den Verlauf der
Rückrunde abwarten. Unsere Trainer bekommen
grundsätzlich Jahresverträge,
damit man eben die Möglichkeit hat, am Ende einer
Saison auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu
können.
Ihr habt vor der Saison – in der Annahme um die
Meisterschaft mitzuspielen – mit einem Schnitt von ca. 800
kalkuliert. Bereits jetzt kann man absehen, dass dieser Schnitt
nicht erreicht wird. Wann kann man sich darauf einstellen, zum
ersten Mal wieder ein Warnsignal vom Vorstand zu
hören?
Natürlich sind wir durch unsere sportlichen
Probleme in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Aber da die
Spieler auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet haben, liegt
das noch im Rahmen. Ich möchte auch hier einmal
die Gelegenheit nutzen, eine Lanze für die
Spieler zu brechen. Dass unser Team charakterlich in Ordnung
ist, zeigt die Einsichtigkeit der Spieler, die sofort gesagt
haben: "Das haben wir selbst verbockt, also werden wir auch die
Konsequenzen tragen!"
Wie lautet die Zielsetzung für den Rest
der Saison?
So weit wie möglich nach oben kommen. Und es ist
ganz klar festgelegt, dass wir uns nicht für die
Regionalliga bewerben werden, wenn der Abstand zur
Tabellenspitze mehr als 9 Punkte beträgt.
Wer wird Meister und wo landet die
Wormatia?
Meister wird der SV Weingarten, wir landen auf Platz 4.
Von Vorstandsseite wurde in den letzten Jahren viel an
den Strukturen des Vereins gearbeitet, neue Sponsoren gewonnen.
Wie ist der aktuelle Stand der Entwicklungen?
Wir haben innerhalb kürzester Zeit unseren neuen
Rasenplatz fertig gestellt, eine neue Flutlichtanlage
installiert und das Vereinsheim renoviert. Für
weitere Strukturverbesserungen ist natürlich
weitere Unterstützung aus der Wirtschaft
nötig. […] Ich würde mir aber
bspw. wünschen, die ITG – den Betreiber des
neuen Einkaufscenters in Worms – als neuen Werbepartner zu
gewinnen. […] In erster Linie gilt es, die Einwohner dieser
Stadt für diese Einkaufsmeile zu begeistern und
dann kann es keinen besseren und mit der Region enger
verwurzelten Werbepartner als die Wormatia geben. Aber dazu
wäre natürlich
Unterstützung aus der Politik von
Nöten…
Ein Wort vielleicht zu den Fans. Durch einige
Vorfälle in der Vargangenheit, wie z.B. in
Weingarten, musste der Verein natürlich auch ab
und zu für seine Fans bezahlen…
Der Unterschied zu anderen Vereinen in der Oberliga liegt
darin: Wir haben Fans! Solche Vorfälle wie in
Weingarten werden nicht ausbleiben, da sich in einem Rudel
immer solche Situationen entwickeln können. Bei
uns fahren halt immer mindestens 150-200 Leute mit zu den
Auswärtsspielen. Bei Weingarten bspw. kann
eigentlich nicht viel passieren, weil halt nur 10-15 Leute
mitfahren.
Das Wormser Publikum gilt gemeinhin als sehr
verwöhnt. Bei sportlichem Misserfolg bleiben auch
schnell die Zuschauer aus…
Auch wenn ich weiß, dass sog. Appelle wenig
nutzen, möchte ich trotzdem die Gelegenheit
für einen Appell nutzen. Wenn die Leute in Worms
wollen, dass wir in absehbarer Zeit in der Regionalliga
spielen, müssen sie den Verein auch mal in
schlechten Zeiten unterstützen und nicht nur
dann ins Stadion kommen, wenn Erfolg da ist. Nur wenn die
Zuschauer den Verein auf dem Weg nach oben begleiten, schaffen
wir auch eine wirtschaftliche Konsolidierung. Wenn dies nicht
der Fall ist, wirkt eine sportliche Krise
natürlich doppelt schwer, weil wir dadurch auch
einen wirtschaftlichen Rückschlag erleiden.