op-online.de: "Torjäger" Schulte genießt die letzten Momente
13.05.2019Es war der Schlusspunkt hinter einen letztlich für Kickers Offenbach unbedeutenden 4:1-Erfolg bei Wormatia Worms. Für Dennis Schulte war es dennoch ein großer Moment.
Dennis Schulte drehte mit ausgestreckten Armen ab, rutschte dann knieend über den Rasen und ballte die Fäuste. Der Verteidiger der Kickers gehörte nicht nur wegen seines emotionalen Ausbruchs nach seinem Tor zum 4:1-Endstand (79. Minute) zu den positivsten Erscheinungen beim verdienten, aber keineswegs glanzvollen Sieg beim nunmehr feststehenden Absteiger Wormatia Worms. Im vorletzten Punktspiel-Einsatz traf Schulte zum dritten Mal in sechs Jahren bei Kickers Offenbach.
Schulte kämpft sich mit erstaunlicher Leidenschaft zurück
Der Linksverteidiger wirkte gelöst, lächelte zufrieden und mit sich im Reinen. „Ich genieße diese Momente einfach“, sagte der 28-Jährige, der sich nach seiner schweren Verletzung in der Winterpause (Syndesmosebandriss) mit erstaunlicher Leidenschaft zurückgekämpft hat.
In einer Offenbacher Mannschaft, die nach einer starken ersten Hälfte und einer 3:0-Führung durch Tore von Ko Sawada (16.), Niklas Hecht-Zirpel (36.) und Dren Hojda (42.) einige Gänge zurückschaltete, war Schulte ein ständiger Aktivposten. Der Linksverteidiger schob – vor allem nach der Gelb-Roten Karte für den Wormser Jan-Lucas Dorow (33.) – permanent das Offensivspiel an – und belohnte sich nach feinem Zuspiel des eingewechselten Mattias Pyysalo mit seinem Schuss ins rechte Eck.
Schulte spürt die Wucht der Sentimentalität
„Den wollte er genau dahin haben“, freute sich Daniel Steuernagel über Schultes besonderen Moment und bedauerte zugleich dessen Verletzungspech. „Er hätte uns in der Rückrunde gutgetan“, meinte der OFC-Coach: „Dennis’ Auftritt erinnert mich etwas an Florian Treske.“ Auch der Angreifer hatte nach kommuniziertem Abschied vor der Winterpause stark aufgetrumpft.
Schulte hat das nahende Ende im Kopf, spürt aber auch die Wucht der Sentimentalität. 2013 kam der frühere Kölner und Jenaer zum „Sommer-Casting“ nach dem Zwangsabstieg aus der 3. Liga. Der einmalige U18-Nationalspieler trug im Probetraining wie viele andere seinen Namen auf einem Klebestreifen auf dem Trikot.
Tiefpunkte waren die verlorenen Aufstiegsspiele gegen Magdeburg
Unter Trainer Rico Schmitt reifte der Linksfuß zu einer Größe im Defensivverbund, mal als Linksverteidiger – in der Meistersaison 2014/2015 auch als Innenverteidiger. „Die Zeit hat mich sehr geprägt. Es gab viele Höhen, aber leider auch einige Tiefen“, sagt Schulte. Höhepunkte waren die souveräne Meisterschaft 2015 oder die glanzvollen DFB-Pokalauftritte in der gleichen Saison, als erst im Achtelfinale gegen Borussia Mönchengladbach (0:2) das Aus kam.
Tiefpunkte waren die verlorenen Aufstiegsspiele gegen Magdeburg oder auch die Zeit der zweiten Insolvenzanmeldung 2016. Auch der Ausgang dieser Saison zählt zu den Enttäuschungen. „Natürlich hatten wir andere Ziele, aber dafür hat uns die Konstanz gefehlt“, räumte Schulte ein. Sichtbar wurde das auch in Worms. Den Kickers gelang es nicht, an den starken ersten Durchgang, in dem ihnen tolle Tore durch Hecht-Zirpel (Konter) und Hodja (Schlenzer in den Winkel) gelungen waren, anzuknüpfen.
Ecke direkt verwandelt
OFC-Trainer Daniel Steuernagel registrierte das natürlich, wollte aber nicht zu hart ins Gericht gehen: „Die erste Hälfte war sehr gut, dann war etwas die Luft raus.“ Gefährlich wurde es aber trotz des kuriosen Treffers von Sascha Korb nicht mehr. Der Ex-Offenbacher, der zum bayerischen Regionalligisten FC Schweinfurt 05 wechselt, hatte eine Ecke direkt verwandelt (54.). Den Schlusspunkt aber setzte sein einstiger OFC-Weggefährte.
Schulte wird ab Juli den erlernten Beruf als Kaufmann für Büromanagement dem Profifußball vorziehen. Wo und in welcher Liga der Angestellte des Offenbacher Unternehmens KIZ künftig spielt, ist offen. Wichtiger ist ihm, die letzten Tage am Bieberer Berg zu genießen. Mit einem Tor im letzten Heimspiel gegen Homburg? „Ach was, ich bin ja fürs Tore verhindern zuständig“, sagt Schulte lachend.