Nibelungen Kurier: Im „Kartenspiel“ ist Hektik Trumpf

10.08.2019

Fußball Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar: VfR Wormatia Worms verliert Prestige-Duell gegen SV Eintracht Trier mit 0:1 und dazu Filimon Gerezgiher durch Platzverweis

VON JÜRGEN JAAP | Von den Fakten her sieht’s mal so aus: Der VfR Wormatia Worms hat am Freitagabend unter Flutlicht sein Heimspiel im Prestige-Duell mit dem Dauer-Rivalen SV Eintracht Trier mit 0:1 (0:1) verloren. Im 101-sten Duell mit den Moselanern war es Niederlage Nummer 33, bei 26 Unentschieden und 42 Siegen für die Nibelungenstädter. Es war die erste Pleite für den Absteiger aus der Regionalliga Südwest am dritten Spieltag in der noch frischen Saison 2019/2020 nach einem Remis und einem Heimsieg gegen zwei Aufsteiger in die Oberliga Rheinland-Pfalz / Saar. Eine Niederlage im mit beachtlichen 1138 Zuschauern gut besuchten Südwest-Klassiker, die ob der riesigen Rivalität beider Klubs „normalerweise“ einen tiefen Stachel im Fleisch der Wormser hinterlässt. Soweit die Fakten.

Fans feiern junge Wormaten für einen großen Kampf

Das Bild nach dem Schlusspfiff bietet freilich eine andere Sichtweise. Auf der einen Seite feiern die Trierer Kicker ihren hart erkämpften Auswärtssieg durchaus verständlicherweise überschwänglich. Auf der anderen Seite entbieten die Zuschauer und Fans von der Haupt- und Vortribüne in der EWR-Arena den jungen Wormser Spielern gehörig Respekt für einen großen Kampf, der aber ohne Lohn blieb. „Aus so einem Spiel lernen wir“, gibt Lennart Grimmer, der erst 20-jährige Abwehrspieler des VfR, der die rechte Außenbahn ohne jede Pause beackerte, zu Protokoll. Und: „Das nächste Mal verlieren wir so ein Spiel nicht mehr.“ Kristjan Glibo, der Trainer der Wormaten, sprach nachher davon, dass er „seiner Mannschaft keinen Vorwurf machen könne, hat sie doch phasenweise schönen Kombinations-Fußball gespielt“. Einziges Manko laut Kristjan Glibo: „Wir hätten uns dafür auch belohnen müssen.“

Ein Trierer Traumtor nimmt Wormatia den Anfangselan

Wie schon in den beiden Partien bei den Sportfreunden Eisbachtal und gegen den FV Dudenhofen startete die Glibo-Elf gut ins Spiel. Luca Graciotti hämmerte einen Abpraller der Trierer Abwehr gleich mal über die Latte (1.). „Wir haben uns darauf eingestellt“, dass Wormatia mit sehr viel Power spielt“, beorderte Triers Trainer Josef Cinar seine Mannen zunächst einmal tief in die eigene Hälfte. Eine Taktik der Gäste, die fruchtete. Mit der ersten richtigen Torchance ging Trier nach einem sachten Warnschuss von Edis Sinanovic (15.) auch gleich in Führung.

Eine lange Flanke von rechts segelte auf den rechten Schlappen des Trierer Stürmers, der Niklas Reichel im Wormatia-Tor per satter Volley-Abnahme ins lange Eck keine Chance ließ (20.). „Ein Traumtor“, schnalzte Kristjan Glibo anerkennend mit der Zunge. Ein Tor von Sinanovic auch, dass Wormatia den Anfangselan etwas raubte, wenngleich Eric Lickert auf Zuspiel des wieder einmal sehr präsenten Jan Dahlke den Ball erneut über die Latte beförderte (22.).

Vor der Pause ist Wormatia am Drücker

Die Wormaten schüttelten sich, kamen zunächst durch einen Kopfball von Innenverteidiger Andrej Ogorodnik nach einer Lickert-Flanke wieder gefährlich vor das Gäste-Tor (27.). Richtig brenzlig im Trierer Strafraum wurde es nach einem scharfen Pass des stark aufspielenden Lennart Grimmer von der Grundlinie nach innen (36.) und einer tollen Kombination über Graciotti, Clirim Recica und wieder Graciotti, der klug nach innen passte (42.). Beide Male rutschte VfR-Mittelstürmer Jan Dahlke nur um eine Fußspitze am Leder vorbei. „Wormatia war in dieser Phase nah dran am Ausgleich“, schnaufte Eintracht-Trainer Josef Cinar tief durch. Auch nach dem Wechsel hatten die Wormaten mehr Spielanteile. Es fehlte aber augenfällig an der Durchschlagskraft.

Pfifforgie und Kartenflut in Hälfte zwei

Und die abgezockte Trierer Truppe nahm das Tempo aus dem Spiel und brachte dafür zunehmend Zweikampf-Härte in die Partie. Kaum einmal verging eine Minute ohne einen Pfiff von Schiri Luca Schilirò. Schwerstarbeit für den jungen Schiedsrichter aus Völklingen. Zehn gelbe Karten, eine rote Karte und einmal Gelb-Rot waren die Folge einer mehr und mehr hektisch werdenden Partie. Erst traf es den kurz zuvor eingewechselten Filimon Gerezgiher, der auf dem durch einen Gewitter-Regen nassen Rasen Salvador Brodersen von hinten abgrätschte mit glatt Rot (80.). Fünf Minuten später war das nominelle Gleichgewicht nach einem wiederholten Foulspiel der Trierers Maurice Roth wieder hergestellt.

Dicke Wormatia-Chance in der Nachspielzeit bleibt ungenutzt

Doch es wurde auch Fußball statt „nur“ einer Skatrunde mit vielen Karten gespielt. Auf Trierer Seite war es der überragende Stürmer Edis Sinanovic, der immer wieder für Torgefahr bei Kontern sorgte (60., 72.), und Dominik Kinscher mit einem Schuss an den Pfosten nach einem Abwehrfehler von Andrej Ogorodnik (79.). Clirim Recica per Weitschuss (65.) und Fatih Köksal mit einem tollen Solo (69.) hätten für den VfR treffen können. Ganz nah dran am Ausgleich war Koki Matsumoto. Sein Kopfball nach einem langen Schlag von VfR-Keeper Niklas Reichel aus dem Mittelfeld strich aber um ein paar Zentimeter am rechten Pfosten vorbei (90. + 3.). Schlusspfiff. Und trotz der Niederlage der Wormaten wurde nach einem „intensiven Oberliga-Spiel auf gutem Niveau“ (Josef Cinar) auf beiden Seiten gefeiert.