SWR: Nicht-Aufstiegsregelung für die Regionalliga Südwest: Kickers und Trier prüfen Schritte
05.05.2021Das Chaos rund um den Aufstieg in die Regionalliga Südwest ist bereinigt. Zumindest vorerst. Denn die betroffenen Vereine könnten juristisch dagegen vorgehen.
Nach wochenlangen Diskussionen ist die Entscheidung gefallen – es wird keine Aufsteiger aus den Oberligen in die Regionalliga Südwest geben. Darauf einigten sich die Gesellschaftsversammlung und die Spielkommission der Regionalliga Südwest vergangenen Freitag.
Zuvor war wochenlang über eine mögliche Fortsetzung oder Annullierung der Saison in den Oberligen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz/Saar und Hessen diskutiert worden. Denn diese Ligen stellen am Ende der Saison normalerweise vier Aufsteiger in die Regionalliga Südwest.
Entscheidung zog sich über Wochen
Die Entscheidungsträger der genannten Oberligen sind ebenfalls Träger und Gesellschafter der nächsthöheren Regionalliga. Dadurch zog sich die Entscheidung rund um einen möglichen Aufstieg über Wochen und die Verbände vermieden eine klare Positionierung. Durch den jetzigen Beschluss fühlen sich die Vertreter der Oberligavereine daher im Stich gelassen.
Die Stuttgarter Kickers sind einer dieser betroffenen Oberligavereine. Die Blauen von der Waldau stehen derzeit hinter der SGV Freiberg (äußerte sich weder auf der Internetseite noch auf mehrmalige Anfragen von SWR Sport) auf dem zweiten Tabellenplatz in der Oberliga Baden-Württemberg, welcher unter "normalen Bedingungen" zu einer Teilnahme an der Aufstiegsrelegation führt.
SVE schaltet Justiziar ein
Die Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar hatte den Tabellenführer Eintracht Trier inoffiziell bereits als möglichen Aufsteiger vermeldet. Doch jetzt wurde diese Entscheidung wieder zurückgezogen. Beide Vereine kündigten an, gegen die Beschlüsse juristisch vorgehen zu wollen. So hat Trier seinen Justiziar Alexander Bergweiler eingeschaltet, um rechtlich zu prüfen, ob der Aufstieg am Grünen Tisch möglich ist. "Die Satzung des Regionalverbands Südwest sieht vor, dass das Präsidium einen Meister benennen kann", sagte Bergweiler dem "Trierischen Volksfreund".
Ursprünglich sechs absteigende Mannschaften vorgesehen
Die Entscheidung, die Saison auch in der Oberliga zu annullieren, ist für Prof. Rainer Lorz nicht nachvollziehbar. Der Präsident der Stuttgarter Kickers verweist auf die Spielordnung der Regionalliga Südwest, welche in dieser Saison ursprünglich sechs absteigende Mannschaften vorgesehen hatte.
Nur zwei Absteiger
Jedoch beinhaltet die Spielordnung der Regionalliga auch einen Zusatz: "Steigen weniger als die vorgesehene Anzahl von Vereinen aus nachgeordneten Spielklassen auf, so vermindert sich die Zahl der Absteiger aus der Regionalliga." Das hat zur Folge: Gibt es keine Aufsteiger aus der Oberliga, steigen anstatt sechs nur zwei Mannschaften aus der Regionalliga ab.
Ursprünglich erklärten die Verbände den Vereinen in der Oberliga: Sollte die Saison bis zum 9. Mai nicht fortgesetzt werden können, wird sie ohne Auf- und Absteiger annulliert. Aufgrund der in den Oberligen teilweise nur acht absolvierten Spieltagen waren somit die Aufstiegsregelungen eigentlich beschlossene Sache.
Doch eine Ende März veröffentliche Pressemitteilung des Württembergischen Fußball Verbands mit dem Titel "Aufstiegsmöglichkeiten in der Oberliga BW werden geprüft" sorgte für eine neue Dynamik. In der Mitteilung zog der Verband in Betracht, aufgrund eines Zusatzes in der Spielordnung der Oberliga Baden-Württemberg mögliche Aufsteiger in die Regionalliga stellen zu wollen.
Ein Novum
In einem offenen Brief eines unabhängigen Ligasprechers reagierte eine Großzahl der Regionalligavereine umgehend auf die Mitteilung. Was wiederum zu einer Gegenreaktion mehrerer Oberligavereine führte. Es entstand ein öffentlicher Diskurs, an dem auch die Stuttgarter Kickers teilnahmen. Zentral ging es dabei um die Frage: Kann eine Oberligasaison mit acht Spieltagen bewertet werden wie eine Saison mit 42 Spieltagen in der Regionalliga? Die Antwort lautet nun: Nein, kann sie nicht.
Dass die übergeordnete Regionalliga jetzt über den Aufstieg in der Oberliga entscheide, ist für Rainer Lorz ein Novum. Für ihn sei der Verband in der Bringschuld, denn dieser hätte auch in Betracht ziehen können, die Oberliga weiterzuführen, um die Mindestanzahl von 50 Prozent absolvierter Spiele zu gewährleisten.
Stuttgarter Kickers stärker von der Annullierung betroffen
Durch den Beschluss droht den Stuttgarter Kickers jedenfalls eine erneute Saison in der Oberliga. Der Verein ist trotz der sportlichen Talfahrt in den letzten Jahren noch immer professionell strukturiert und ist im Gegensatz zu vielen anderen Oberligisten in einer prekären Situation. Durch jedes weitere Jahr in der Oberliga entfernt sich der Verein ein Stück mehr vom professionellen Fußball.
Der Präsident des ehemaligen Bundesligisten ist sich bewusst, dass die Kickers stärker von der Annullierung der Saison betroffen sind, dennoch sollten sich die Verbände um eine Stringenz bemühen. Denn die fehlenden einheitlichen Bestimmungen zeigten sich nämlich nicht nur bei den Aufstiegsregelungen in die Regionalliga, auch in der nächsthöheren 3. Liga gibt es keine einheitliche Vorgehensweise, so Lorz.
Während in Bayern Relegationsspiele um den Aufstieg in die 3. Liga stattfinden, wurden in den Regionalligen Nord und Nordost bereits Mannschaften für einen Aufstieg und eine Aufstiegsrelegation gemeldet. Trotz teilweiser nur neun ausgetragener Spieltage. Lorz weiß zwar um die schwierige Situation, doch andere Verbände hätten gezeigt, dass es verschiedene Lösungsansätze gibt.
Auch in der A-Jugend keine einheitlichen Regelungen
Ob in der Regionalliga oder in der Oberliga, für Lorz ist das Fundament für die kommenden Jahre die Jugendarbeit im Verein. Diese zu fördern und die Spieler in die erste Mannschaft zu integrieren, sei das Ziel für die Zukunft. Mit der A-Jugend stehen die Kickers in der Oberliga derzeit nach neun Spieltagen ohne Punktverlust auf dem ersten Tabellenplatz.
Auch die Saison der A-Jugend wurde annulliert, jedoch scheint sich dort ein Aufstieg in die A-Junioren Bundesliga abzuzeichnen. Der Nachwuchs von Hansa Rostock hatte vor einigen Tagen vom Nordostdeutschen Fußball-Verband den Aufstieg bereits genehmigt bekommen – nach nur sieben absolvierten Spieltagen.