Wormser Zeitung: Karriereende mit 31: Wenn der Körper nicht mehr kann

08.02.2022

Wormatia-Spieler Martin Röser hat in seiner Karriere viele Comebacks auf dem Platz gefeiert. Doch der letzte Versuch des Ex-Profis scheitert – und zwingt ihn zum Aufhören.

WORMS – Das Kribbeln beginnt meist gegen Abend, zwischen 17.30 und 18 Uhr. Dann sitzt Martin Röser Zuhause wie auf glühenden Kohlen. „Eigentlich würdest du dich dann auf den Weg zum Training machen“, sagt der 31-Jährige. Anders kennt er es nicht. Doch seit nunmehr einer Woche muss der ehemalige Fußballprofi immer wieder schmerzhaft feststellen, dass es eben nicht mehr losgeht. „Daran muss ich mich erst noch gewöhnen“, sagt der gebürtige Ludwigshafener, in dessen Leben Fußball immer eine übergeordnete Rolle spielte.

Rührende Worte an die Fans

Doch seit vergangenem Sommer, als Röser vom VfB Lübeck nach Worms wechselte, streikt der Körper. „Es wurde immer schlimmer“, erinnert sich Röser an die Vorbereitung, in der er mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen hatte. Im September zog der Mittelfeldmann daher einen ersten Schlussstrich, wollte sich in der Reha voll auf sein nächstes Comeback vorbereiten.

Doch auf dem Weg zurück zur Mannschaft brachen neben Problemen an der Achillessehne auch Spätfolgen alter Kreuzband- und Syndesmosebandverletzungen auf. „Ich konnte nicht mal mehr schmerzfrei gehen.“ Also musste sich Martin Röser bald eingestehen: es macht keinen Sinn mehr. „In dieser Verfassung hätte ich niemandem helfen können und mir nur geschadet.“ Also richtete sich Martin Röser Ende Januar mit rührenden Worten an die Fans des VfR Wormatia, nachdem er zuvor schweren Herzens die Verantwortlichen des Oberligisten um Vertragsauflösung hatte bitten müssen. „Die permanenten Schmerzen lassen kein Fußballspielen mehr zu“, erklärte Röser die wohl schwerste Entscheidung, die er in seinem Sportlerleben treffen musste. „28 von 31 Jahren habe ich gefühlt auf dem Fußballplatz verbracht. Der Ball war mein steter Begleiter und Freund“, sagt der Ex-Profi, der auf fünf Zweit- und 119 Drittligaspiele mit dem Karlsruher SC, Halle, Lübeck und Offenbach kommt. Insgesamt kommt er auf elf Jahre im bezahlten Fußball. „Dann ist auch klar, wie schwer und emotional diese Entscheidung für mich war und immer noch ist“, sagt Röser.

Seit seiner Rückkehr zur Wormatia, wo der 31-Jährige 2010 seine ersten Schritte im Profifußball machte, kam der Mittelfeldmann lediglich auf 48 Spielminuten. „In meiner Karriere gab es immer wieder Rückschläge, immer wieder habe ich mich zurückgekämpft und immer wieder kam der Punkt, ab dem ich wieder leistungsfähig war. Diesmal leider nicht.“ Und so endet eine beeindruckende Laufbahn dort, wo sie vor fast zwölf Jahren so richtig Fahrt aufgenommen hatte. „Zu Worms habe ich eine besondere Verbindung“, macht Röser den Stellenwert der Wormatia klar. Selbst in der Reha verpasste er kaum ein Training, war immer da, suchte die Nähe zur Mannschaft und die Gespräche zu seinen Teamkollegen. „Das Kabinenleben werde ich mit am meisten vermissen. Das ist einfach was ganz besonderes, egal ob Bundesliga oder Kreisliga“, sagt Röser.

Es bleiben Erinnerungen, etwa an die DFB-Pokal-Partie mit der Wormatia gegen Hertha BSC. „Ein Riesenerlebnis für die Fans und den Verein. Eine wahre Sommerschlacht“, erinnert sich Röser an den 2:1-Erfolg gegen den Bundesligisten oder auch den Zweitliga-Aufstieg mit dem Karlsruher SC. „Ich bin stolz, dazu etwas beigetragen zu haben.“ In schmerzhafter Erinnerung bleibt der verpasste Drittliga-Aufstieg mit den Offenbacher Kickers 2015, als man vor jeweils ausverkauftem Haus beide Partien gegen Magdeburg verlor. „Das hat mich lange beschäftigt.“ Wie es mit ihm weitergeht, da möchte sich Martin Röser noch nicht festlegen. 2021 schloss er ein BWL-Fernstudium ab, sieht sich gut gewappnet für das weitere Berufsleben. Eine Rückkehr zum Fußball schließt er nicht aus: „Noch ist es dafür zu früh, aber in meinem Leben ging es bisher nie ohne Sport und musste es auch nie gehen. Von daher kann es durchaus sein, dass ich irgendwann die Seiten wechsle.“

Vom Aufstieg in die Regionalliga überzeugt

Wo er die Wormatia dann finden wird, ist sich Martin Röser dagegen sicher: „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sie aufsteigen werden. Es steckt eine enorme Qualität in dieser jungen Mannschaft und daher führt kein Weg an der Regionalliga vorbei.“ Für den 31-Jährigen hat dagegen ein neuer Lebensabschnitt begonnen, der Tag um Tag mehr das Kribbeln in den Füßen überlagern wird. Im Spätsommer letzten Jahres wurde Röser Vater, genießt jeden Augenblick mit seiner Familie: „Das weiß man immer nochmal anders zu schätzen“, sagt der Ex-Profi, der sich freilich trotzdem nicht komplett frei machen kann von den Gedanken um sein Karriereende. Dafür waren 28 Jahre im Fußball aber auch Weinfach zu intensiv, zu emotional und zu wertvoll.