Vorbericht von wormatia.de
Erstmals nach 27 Jahren kommt Altmeister Fürth wieder nach Worms
Dortmund, Schalke, Hamburg… die Gesichter der 300 zum Public Viewing erschienenen Fans werden immer länger. Die spannendsten Gegner werden nacheinander rigoros an andere glückliche Amateurvereine gelost. Dann endlich „Wormatia Worms“, Andi Köpke schraubt die Loskugel auf und verkündet den Gegner: „Spielvereinigung Greuther Fürth“. Die Begeisterung der Anwesenden hält sich in Grenzen.
Doch warum eigentlich? Mit Fürth kommt ein dreifacher Deutscher Meister nach Worms, der 22 Nationalspieler hervorgebracht hat, mit dem Wormatia vor dem Krieg schon in der Süddeutschen Meisterschaft gerungen hat und der seit Jahren zu den Top-Vereinen der zweiten Liga gehört. Ein Traditionsverein wie er im Buche steht. Gegründet am 23. September 1903 als SpVgg Fürth, zählt der Verein in den 20ern zu Deutschlands Besten. Sechsmal trifft Fürth vor dem Krieg in der Süddeutschen Meisterschaft auf Wormatia, viermal geht der VfR als Verlierer vom Platz. Wie Wormatia, schafft es auch Fürth 1963 nicht als Gründungsmitglied in die Bundesliga aufgenommen zu werden. Erstmals trifft man 1974 wieder aufeinander, als Gründungsmitglieder der 2. Bundesliga Süd – zwölfmal insgesamt bis zum Wormser Abstieg 1982. Und hier hat Wormatia die Hosen an, zumindest im heimischen Stadion. Einen einzigen Punkt nehmen die Kleeblätter in dieser Zeit aus Worms mit, die letzte – einzige – Wormser Heimniederlage stammt aus dem Jahre 1930. Der Fürther Abstieg aus Liga zwei folgt 1983, vier Jahre später geht es sogar noch eine Liga tiefer. 1991 gelingt die Rückkehr in die Oberliga und während 1994 die Wormatia nun in der Verbandsliga gegen den Konkurs kämpft, schaffen die ebenfalls chronisch klammen Fürther die Qualifikation für die neue Regionalliga. Der Grund, warum trotz der glorreichen gemeinsamen Vergangenheit dieser Tradionsverein bei den heutigen (jüngeren) Fans keine Begeisterungsstürme auslöst, datiert aus dem Jahr 1996. Die Fußballabteilung des TSV Vestenbergsgreuth, bekannt durch den Pokalsieg gegen den FC Bayern und hierzulande durch den späteren Lautrer Edeltechniker Harry Koch, tritt der SpVgg Fürth bei. Doch was vor allem den traditionsbewussten Fans nicht gefällt: Der Vereinsname wird durch das heute bekannte „Greuther“ ergänzt und ein neues Wappen gestaltet. Zudem erhält der Ronhof den gewöhnungsbedürftigen Namen „Playmobil-Stadion“. Doch der Erfolg gibt den Verantwortlichen Recht, seit 1997 spielt der Verein erfolgreich in der 2. Bundesliga und erreichte siebenmal Platz fünf, immer knapp am Aufstieg vorbei.
Das Thema Aufstieg möchte man in dieser Saisonnicht in den Mund nehmen, denn Trainer Benno Möhlmann muss erst einmal die neue Elf zusammenfügen. Mit Reisinger, Felgenhauer, Burkhardt und Takyi verließen einige Stammkräfte den Verein, dafür kamen entwicklungsfähige Talente. Ein Dutzend Testspieler tummelten sich im Training, meist günstige Unbekannte osteuropäischer Herkunft. Die Lücke des verletzten Leistungsträgers Christian Rahn (Knorpelschaden) hofft man mit dem 28fachen bosnischen Nationalspieler Mirko Hrgovic von Dinamo Zagreb geschlossen zu haben. Möhlmann lässt im bewährten 4-4-2 spielen, im Mittelfeld meist mit einer klassischen Raute mit einem Sechser, zwei offensiven Flügelspielern und einem Regisseur in der Mitte (Haas oder Mokhtari) sowie zwei Stürmern. Vor allem mit dem letztjährigen 15fachen Torschützen Sami Allagui kommt da also einiges an Arbeit auf Matthias Lang und Kollegen zu. „Wir sind eine Wundertüte. Was genau drin steckt, muss man abwarten. Das war letztes Jahr ähnlich, und am Ende haben wir wieder ganz oben mitgespielt. Dieses Jahr hat der Verein einen Kindergarten verpflichtet. Ich selbst bin keine Vaterfigur mehr, ich bin schon ein Opa“, sagt Abwehrmann Marino Biliskov (33). Was wirklich in der Tüte steckt, darf Wormatia am Sonntag um 16 Uhr als Erste testen.
Spielbericht von wormatia.de
Der packende Pokalfight bleibt unbelohnt
Was für ein Spiel im Wormatia-Stadion! Der mehr als ebenbürtige VfR zwingt vor 4.828 Zuschauern die Fürther in die Verlängerung und wird kurz vor Abpfiff um das hochverdiente Elfmeterschießen gebracht. Es wäre nach fast 120 Minuten Kampf gegen schwache Fürther so verdient gewesen! Doch Sami Allagui versenkte den Ball in der 119. Minute eiskalt, wo Marcel Gebhardt in der 105. drüberdonnerte.
Fürth begann das Spiel druckvoll und wollte früh für klare Verhältnisse sorgen, die Wormaten brauchten eine Weile um ihre Nervosität abzulegen. Christian Bolm hatte jedoch sogleich das 1:0 auf dem Fuß, als er nach fünf Minuten von Rasp bedient aus kurzer Distanz das Außennetz touchierte. Zwei Minuten später entschärfte Thorsten Müller die erste Fürther Chance und lenkte eine abgerutschte Flanke über die Latte. Danach hatte Wormatia mehr vom Spiel, Monettas Freistoß landete in den Armen von Loboué (12.), Rasp stand kurze Zeit später im Abseits (17.). Das 0:1 schien in der 19. Minute fällig, doch Nicolai Müller scheiterte aus kurzer Distanz an Thorsten Müller, der auch im nachfolgenden Getümmel die Oberhand behielt. Zwei Minuten später war Christian Bolm nach Zuspiel von Neuzugang Mpassy-Nzoumba plötzlich auf und davon und scheiterte an Loboué, der die kurze Ecke zumachte und den Ball an den Außenpfosten lenkte. In der 26. Minute stand Bolm zu dritten Mal im Mittelpunkt, wurde er doch im Strafraum umgerissen. Schiri Kempters Pfeife blieb stumm, und auch nach mehrmaligem Ansehen der Wiederholung lässt sich nur sagen: Den kann man geben – oder auch nicht. Nicolai Müller hatte dann die zweite Chance für Fürth, semmelte aber nach Flanke weit drüber (29.). Eine dicke Wormser Chance gabs dann noch mit dem Halbzeitpfiff: Nach einer Standardsituation ließ die Fürther Hintermannschaft Sandro Roesner frei gewähren und dieser donnerte aus dem Rückraum einen Flachschuss knapp am Tor vorbei. Torwart Loboué sah man den Schreck deutlich an und weiter vorne musste sich Allagui nicht nur deutliche Worte von Kapitän Biliskov anhören, sondern – wortwörtlich – auch Prügel einstecken. Das hätte sogar einen Platzverweis geben müssen. Nein, zufrieden konnte Fürth nicht sein, derweil die Wormaten mit stehenden Ovationen in die Kabine verabschiedet wurden.
Halbzeit zwei bot ein unverändertes Bild, Fürth blieb oft an der Abwehr hängen, verlor den Ball schon im Spielaufbau oder beendete die Angriffe mit einem unplatzierten Fernschuss, während Benno Möhlmanns Halsschlagader im Minutentakt bedrohlich anschwoll. Wormatia kämpfte tapfer an, setzte unaufhörlich Konter und hatte das Spiel im Griff. In der Schlussphase gab es auf beiden Seiten wieder dicke Chancen, so warf sich Thorsten Müller erfolgreich Allagui entgegen (77.) und Roesner rettete in höchster Not (84.). Imad Kassem-Saad scheiterte mit einem klasse Schuss an Loboué (89.) und in der Nachspielzeit hatte Kapitän Lang aus kurzer Distanz den Sieg auf dem Kopf, fand aber auch in Loboué seinen Meister – wurde aber auch wegen Abseits zurückgepfiffen.
So ging es unter großem Applaus in die Verlängerung, in der bei Wormatia langsam aber sicher die Kräfte schwanden. Müller vereitelte die erste Fürther Chance per Fußabwehr (97.), der eingewechselte Marcel Gebhardt hatte danach eine 100%ige auf dem Fuß. Der für den mit Muskelproblemen ausgewechselte Danijel Gataric gekommene Kevin Detloff hatte ihm im Strafraum den Ball zugegrätscht und Gebhardt schoss freistehend drüber (105.). Auch in der zweiten Hälfte der Verlängerung stand Gebhardt im Mittelpunkt, sein Freistoß klatschte auf die Latte (113.). Als man sich gedanklich schon auf das Elfmeterschießen einstellen konnte, schlug Sami Allagui unbarmherzig zu. Dem eingewechselten Ibrahim Aslan wurde der Ball entrissen, Artur Krettek kam nicht mehr hinterher, Pass in den Rückraum, Schuss – Tor (119.). Danach parierte Müller nochmal einen Schuss und nach ganz kurzer Nachspielzeit war alles vorbei.
Schade schade, doch die Wormaten können stolz auf sich sein. Man hatte Fürth am Rande einer Niederlage und das Elfmeterschießen war zum Greifen nah. Ein Klassenunterschied war zu keinem Zeitpunkt zu sehen. Auch der 19jährige Publikumsliebling Ibo Aslan, der später todtraurig auf der Laufbahn stand und nur schwer zu trösten war, sollte über diesen Moment in der 119. Minute nicht zu lange grübeln – jetzt geht es am Samstag zum Auftakt in die Regionalliga gegen Verl. Und hoffentlich können wir viele der 4.800 Zuschauer wieder im Stadion begrüßen – diese Mannschaft hat es sich redlich verdient.
Wormatia Worms
T. Müller – Dalibor Gataric, Roesner, Lang, Krettek – Danijel Gataric (93. Detloff), Kassem-Saad, Mpassy-Nzoumba, Rasp (61. Aslan) – Monetta (87. Gebhardt), Bolm.
SpVgg Greuther Fürth
Loboué – Falkenberg (66. Schahin), Biliskov, Mauersberger, Prib – Schröck, Nehrig, Y. Mokhtari (77. Hrgovic), N. Müller – Sailer (65. Nöthe), Allagui.