Ein Zinram-Abstauber reicht nicht zum ersten Sieg, mit dem Schlusspfiff kommt Hessen Kassel in einer dramatischen Partie (5x Pfosten, 1x Latte!) noch zum Ausgleich.
Es geht fast nicht anders, man muss bei einem Bericht zu diesem Spiel einfach mit einer Schilderung der Ereignisse ab der 84. Minute beginnen. Die Wormaten lagen 1:0 in Führung und Rainer Adolf fischte einen Henel-Kopfball aus dem Winkel, was den Auftakt zu einer dramatischen Schlussphase bildete, wie man sie selten erlebt hat und die alleine schon das Eintrittsgeld wert war. Aus der dem abgewehrten Kopfball folgenden Ecke entstand eine hervorragende Kontermöglichkeit, die nicht sauber ausgespielt wurde. Leider nicht die einzige. Kurz darauf schien sich dies schon zu rächen, als Henel frei vor Adolf stand, an diesem jedoch scheiterte (88.). Wormatias Torwart hatte damit seinen einzigen Fehler in dieser Partie selbst wieder ausgebügelt, war die Situation doch erst durch einen Ballverlust von Carsten Sträßer entstanden, den Adolf mit einem hochriskanten Pass in den Kampf geschickt hatte. Doch keine Zeit, die Szene zu verarbeiten, denn sofort lief der Konter über Jonathan Zinram, der die Kugel aus 25 Metern an den Pfosten zimmerte. Auch hier kaum Zeit zum Verdauen der vergebenen Entscheidung, im Gegenzug machten die Gäste wieder Druck und das Spielgerät klatschte beim Abwehrversuch von Marcel Abele ebenfalls an den Pfosten (89.). Das dramatische Auf und Ab steigerte sich in der Nachspielzeit nochmals. Zinram zwang Torwart Nulle mit wuchtigem Freistoß zur Parade, Kevin Feucht hätte mit dem Nachschuss die hochemotionale Atmosphäre zum Überkochen bringen können, scheiterte aber ebenso an Kassels Keeper (90.+1). Beim Konter war wiederum Adolf gefordert und parierte einen Sauer-Schuss zur Ecke. Die wurde abgewehrt und führte zu einem Konter in die andere Richtung, wo der Schiedsrichter beim Laufduell zwischen dem starken Eugen Gopko und dem bei der Ecke nach vorne geeilten Nulle zur Empörung der Vortribüne auf Stürmerfoul entschied. Der Gegenangriff führte zu einer doppelten Einschusschance der Gäste, Henel traf den Pfosten und es wurde zur Ecke abgewehrt (90.+3). Die angezeigte Nachspielzeit war schon vorbei, die Ecke wurde allerdings noch ausgeführt und praktisch mit dem Schlusspfiff schoss Schmeer zum sicherlich nicht unverdienten, aber schmerzhaften Ausgleich ein.
Wer nun Pfiffe wegen des schon wieder verpassten Sieges erwartete, wurde eines Besseren belehrt. Zu groß die Wut auf den Schiedsrichter wegen der langen Nachspielzeit, zu groß der Stolz auf die eigene, aufopfernd kämpfende Mannschaft und zu überwältigend die schiere Dramatik der vergangenen Minuten. Die Schlussphase überdeckte allerdings auch die 84 Minuten zuvor, die erste Halbzeit war nur phasenweise unterhaltsam und das Gegenteil der zweiten ruhig, abwartend, fast schon behäbig und dennoch mit (beidseitig) einigen Stockfehlern und Fehlpässen. Chancen gab es aber auch hier schon. Lucas Oppermann feuerte nach zwanzig Minuten den ersten gefährlichen Schuss ab, auf der Gegenseite verfehlte ein Mayer-Freistoß das Tor nur knapp (23.). Einen Mayer-Fernschuss hatte Adolf erst im Nachfassen (28.), die erste 100%ige vergab Alper Akcam nach einer schwer zu nehmenden Gopko-Flanke (31.). Frei zum Schuss kam Abele nach einer Ecke, zielte jedoch genau auf den Torwart (35.) und im Gegenzug hieß es tief Durchatmen, als Mayer zum Dritten mit abgefälschtem Fernschuss das Tor nur um Haaresbreite verfehlte.
In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel intensiver, wobei Kassel besser aus der Kabine kam. Ein Henel-Kopfball wurde überraschend gefährlich, Adolf musste sich mächtig strecken und lenkte den Ball noch an den Pfosten (51.), war auch beim Flachschuss in der nächsten Szene zur Stelle (52.). Riesenmöglichkeit dann für Srdjan Baljak, dessen Volleyschuss nach Wölk-Freistoß an den Pfosten krachte (56.). Auch Abele war nach Dribbling durch die ganze Abwehr auf dem besten Weg zum Führungstreffer, vergaß aber den Torschuss (63.). Lucas Oppermann schließlich kam nach einem Übersteiger zum Abschluss, Nulle lenkte den Schuss noch an die Latte und der gerade erst eingewechselte Zinram staubte gedankenschnell ab (68.). Es roch stark nach dem ersten Saisonsieg. Bis zur 84. Minute, als das Spiel seine einzigartige Dramatik entwickelte.
Tore: 1:0 Zinram (68.), 1:1 Schmeer (90.+3)
Gelb: – / Sauer (81.)
Zuschauer: 1.170 Schiedsrichter: Göpferich (Bad Schönborn)
Wormatia Worms
Adolf – El Hammouchi, Steil (46. E. Celik), Rösner, Gopko – Wölk (77. Feucht), Sträßer, Abele, Baljak – Akcam (66. Zinram), Oppermann.