Rund 60 mitgereiste Fans gehören seit gestern Abend zu einem erlauchten Kreis: Sie durften einem Auswärtssieg bei Eintracht Trier beiwohnen. Denn was in der 60er Jahren keine erwähnenswerte Seltenheit war, ist in den 22 Auswärtspartien der letzten 40 Jahre ein äußerst rares Ereignis geworden. Ganze zwei Mal entführten die Wormaten die (damals noch) beiden Punkte in diesem Zeitraum aus dem Moselstadion. Mit dem 2:1 gestern Abend kam nun ein dritter Sieg dazu, übrigens das gleiche Ergebnis wie beim letzten Mal am 9. August 1986.
Vor diesen 28 Jahren war noch kein heutiger Wormate aus der Startelf geboren. Max Mehring, damals vier Monate alt, zwickte es im Rücken und nahm daher auf der Bank Platz. Für ihn kam Sandro Loechelt zum Startelfdebüt, mit 18 Jahren der Jüngste auf dem Platz. Der Torschütze zum zwischenzeitlichen Ausgleich gegen den FCK machte seine Sache gut, kannte auch gegen zwei Köpfe größere Gegenspieler keine Furcht oder besonderen Respekt – und durfte sich nach zwei Minuten einen Scorerpunkt in den Leistungsdaten notieren. Nach einem abgewehrten Freistoß schlug er einen langen Ball in die Spitze, Ajdin Zeric wollte per Kopfballrückgabe die mäßig gefährliche Situation bereinigen und das Spielgerät hoppelte am herausgeeilten Jerome Reisacher vorbei ins Tor. Ein klassischer Fall von Missverständis, der durch die Beteiligten noch eine besondere Note erhielt. Reisacher stand nur im Tor, weil Kollege Keilmann bei der Niederlage in Neckarelz nicht überzeugte und Zerics Aufstellung als Innenverteidiger war wegen der Sperre von Hollmann und anderer Ausfälle lediglich aus der Not geboren. Die mitgereisten Fans freuten sich, ein Tor zu Gunsten Wormatias in Trier gab es immerhin auch nicht oft zu bejubeln (in den letzten fünf Partien genau eins). In der Folge entwickelte sich eine kampfbetonte Partie, aufgrund der zahlreichen Spielunterbrechungen und dutzenden Freistößen aber ohne besonderen Spielfluss. Dabei ging die erste halbe Stunde an die Wormaten, die zielstrebiger und strukturierter agierten. Die Defensive stand gut, wurde von weitgehend harmlosen Trierern aber auch kaum in Bedrängnis gebracht. Sascha Wolfert prüfte Reisacher mit einem Flachschuss (18.), Benjamin Maas hatte per Volleyaufsetzer die zweite gefährliche Szene (29.). Kurz danach tauchte Wolfert nach schöner Treske-Ablage in den Strafraum, konnte den Ball aber nicht kontrollieren. In den letzten zehn Minuten wurden die Gastgeber stärker, bei der ersten nennenswerten Trierer Szene ballerte Garnier freistehend nach scharfer Flanke deutlich über den Kasten (35.). Der erste Ball auf Pateroks Tor war dann aber auch prompt drin. Hoch und weit gezogene Ecke von Sautner, Routinier Pekovic setzte sich gegen Maas und Florian Treske durch und der Kopfball senkte sich unhaltbar zum Ausgleich ins Netz (43.).
In der zweiten Halbzeit verschoben sich die Spielanteile mehr und mehr zu Gunsten der Eintracht. Wormatias Offensive dagegen war fast komplett abgemeldet, zahlreiche Ballverluste und Fehlpässe im Mittelfeld verhießen nichts Gutes. Mit Einsatz, Kampf und Leidenschaft bügelten die Wormaten aber vieles wieder aus, weshalb Trier trotz Feldvorteilen kaum Druck ausüben konnte. Nach einem Freistöß schaufelte Zittlau den Ball knapp über die Latte (51.) und Carlier hätte Paterok fast auf dem falschen Fuß erwischt (66.). Zu diesem Zeitpunkt hatte Sascha Eller zur allgemeinen Überraschung sein Wechselkontingent schon vollständig ausgeschöpft. Kurz nacheinander kamen Rik Hiemeleers, Max Mehring und Ali Özgün in die Partie. Wie sich kurz danach zeigte, eine fast schon preisverdächtige Entscheidung! Denn genau dieses Trio nutzte einen Trierer Fehler im Spielaufbau eiskalt aus: Mehring schickte Hiemeleers in den Sprint auf der rechten Außenbahn, dessen Flanke flog am schlecht aussehenden Zeric vorbei genau zu Özgün und von dessen Schädel zum 2:1 in die Maschen (73.)! Der erste und einzige Ball auf das Trierer Tor im zweiten Durchgang. Die Gastgeber steckten nicht auf und kamen in den Schlussminuten nochmal zu einer dicken Ausgleichschance. Einen Sautner-Freistoß köpfte der eingewechselte Pozder unbedrängt knapp am Tor vorbei (85.). Nach einer Paterok-Parade (90.+2) mussten die Fans nur noch bei der folgenden Ecke die Daumen drücken und durften dann endlich das Ende einer fast 30jährigen Negativserie bejubeln, was gemeinsam mit der ebenso euphorisierten Mannschaft genüsslich gefeiert wurde.
Ein ganz wichtiger Sieg also nach der unglücklichen Auftaktniederlage. Die Angst vor dem erneuten wochenlangen Warten auf den ersten Saisonsieg ist verflogen, die Erleichterung war Spielern, Fans und Verantwortlichen deutlich anzumerken. Am Sonntag ist nun Kickers Offenbach zu Gast. Auch der OFC hatte den Auftakt verloren und nun mit einem 2:0 vor heimischer Kulisse den ersten Druck aus dem Kessel gelassen. So können beide Teams samt Fans mit mehr Vorfreude als Sorgenfalten in die Partie gehen.
Randnotiz: In der derzeit nichtssagenden Tabelle steht der VfR auf einem einstelligen Tabellenplatz. Das gab es zuletzt im November 2012.
Tore: 0:1 Zeric (2. Eigentor), 1:1 Pekovic (43.), 1:2 Özgün (73.)
Gelb: Thelen (15.), Pekovic (58.), Garnier (90.) / Loechelt (57.), Saiti (80.) Himmel (83.)
Zuschauer: 1.869 Schiedsrichter:Marcel Göpferich (Bad Schönborn)
Wormatia Worms
Paterok – Gopko, Maas, Maslanka, Stulin – Himmel, Loechelt (63. Özgün) – Saiti, Zinram (59. Mehring), Wolfert (57. Hiemeleers) – Treske.