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Interview mit Christian Bub – Vereinsarchivar der Wormatia

wormatia.de: Christian, du bist Archivar der Wormatia Homepage. Gerade in Zeiten, wo es nicht so läuft lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Ist das der Grund warum du dir die Mühe gemacht hast und zwei neue Rubriken im Archiv eingeführt hast?

Christian Bub: Es ist tatsächlich so, dass ich mich in sportlich schlechten Zeiten gerne verstärkt um das Archiv kümmere. Das ist nicht nur ein teils verklärendes Schwelgen in alten Zeiten, sondern hilft auch dabei, die aktuelle Situation besser einordnen zu können: Eine Momentaufnahme im Gesamtkontext von über 100 Jahren Vereinsgeschichte. Und in denen ging es dem Verein viele Jahre schlechter als heute. Das macht Hoffnung, ist ehrlich gesagt aktuell aber nur ein schwacher Trost. Als Ergebnis gibt es im Statistikbereich des Archivs jetzt die schon ewig geplanten Rubriken „Meiste Spiele“ und „Meiste Tore“, bei der man die Helden vergangener Jahre noch mal ordentlich aufgelistet sieht. Eine kleine Erinnerung und Respektserweisung – die momentan ja nicht jedem Ex-Spieler auf der Liste unbedingt gewährt wird.

wormatia.de: Kannst du dich persönlich noch an Spieler erinnern, die in den Top 10 der jeweiligen Statistiken vorkommen?

Christian Bub: Aus den Top 10 nicht, dafür bin ich zu jung. Die Statistiken erfassen ja jeweils die Top 25, hauptsächlich, damit alle Spieler mit 200 oder mehr Einsätzen erfasst sind. Von denen habe ich immerhin sechs selbst spielen sehen, bei den besten Torschützen nur Marcel Gebhardt. Das wäre ein schöner Zeitvertreib für Facebook oder das Forum: „Wer kennt die meisten?“

wormatia.de: Ein Verein wie Wormatia lebt von seiner Tradition. Was bedeutet für dich Tradition?

Christian Bub: Es gibt da den schönen Spruch „Tradition ist nicht die Bewahrung der Asche sondern die Weitergabe des Feuers.“ Es geht um die aus erfolgreicher Vergangenheit gespeiste Emotion, einen gewissen fußballerischen Lokalpatriotismus, der alle Wormatianer gleich welchen Alters über die Zeiten hinweg verbindet oder zumindest verbinden sollte. Allerdings geht es mir bei der Tradition trotz des Spruchs schon auch um die Bewahrung der Asche, sonst wäre das Archiv überflüssig. Man sollte die Asche nicht wie eine Reliquie verehren und anbeten, man sollte sie aber auch nicht als wertlos erachten und im Müll entsorgen.

wormatia.de: Was könnte der Verein deiner Meinung nach noch tun, um dieses „Gut“ in der Öffentlichkeit besser für sich zu nutzen?

Christian Bub: Man könnte zunächst einmal in Sachen Tradition etwas sensibler werden. Um im Bild zu bleiben: Der Griff zum Kehrblech ist schnell getan, ich habe schon so einiges vor dem Mülleimer retten müssen. Dann müsste der Traditionsbegriff in der Öffentlichkeit durch den Verein auch wieder mit der nötigen Emotion gefüllt werden. Für was soll der Verein stehen? Was soll „Wormatia“ für die Wormser bedeuten? Was ist das Besondere an diesem Verein? Mir fehlt das greif- und fühlbare „Image“, mit dem man arbeiten, auf das man strategisch aufbauen kann. Die Tradition sollte dabei eine gute Rolle spielen. Wünschen würde ich mir eine richtige Kampagne mit Plakaten und allem drum und dran, mit der man die Leute wieder für Wormatia begeistern kann. Aber dafür müsste man erstmal Fachleute anheuern.

wormatia.de: Wann bist du auf die Idee gekommen, diese Spieler- und Spieledatenbank zu erstellen?

Christian Bub: Die Ergebnisdatenbank habe ich von Ricardo Walsdorfer übernommen, er hat sie damals aufgebaut. Statistiken dazu hatte er genug, in alten Stadionzeitungen aus den Achtzigern habe ich entsprechende Artikel von ihm entdeckt. Die Spielerdatenbank war glaube ich meine Idee. Bernd Laube hatte bei uns zuhause angerufen und wollte wissen, wie gut er eigentlich mit seinen 46 Toren in der ewigen Torschützenliste steht (und ob Wormatia ihn nicht als Trainer gebrauchen könne). Das konnte ich ihm nicht beantworten. Der Anlass „Fünf Jahre Oberliga“ (2003) war dann der Startpunkt, da habe ich in Excel Statistik geführt über diese fünf Spielzeiten, damit ich in meiner wöchentlichen Rubrik „ArchivBub’s Statistikinfo“ in den News der Homepage über Jubiläen der aktuellen Spieler berichten konnte. Problem: Mit Christian Vogel war ein Spieler dabei, der schon im Aufstiegsjahr aktiv war. Das musste ich dann mit berücksichtigen. Gleiches galt für Volker Bergs Einsätze in der Saison 92/93, nur hatte ich dazu überhaupt keine Daten. Also setzte ich mich nach dem Abi zwei Wochen lang in den Keller der Wormser Zeitung und fotografierte alle Spielberichte von 1982 bis 1996 ab. Dass das ganze dann natürlich in Form einer Datenbank der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden musste, war für mich selbstverständlich. Und diese Datenbank wird nun schon zehn Jahre alt! Bernd Laube steht übrigens auf Platz 15 in der Torschützenliste. Das kann ich ihm leider nicht mehr sagen, er ist letztes Jahr verstorben.

wormatia.de: Kennst du andere Vereine, die eine vergleichbare Datenbank besitzen?

Christian Bub: Greuther Fürth hat eine gut nutzbare und ebenso umfangreiche mit Ergebnissen und Spielern (www.fsv05.de). Es fällt auf, dass das alles Fanprojekte sind und auf den offiziellen Vereinshomepages höchstens verlinkt werden, wenn überhaupt. Was mich wundert: Für den FCK habe ich noch kein brauchbares Archiv gefunden. Dass sich echt noch kein FCK-Fan hingesetzt hat, um alte Aufstellungen systematisch zu sammeln, will mir angesichts dieser erfolgreichen Vergangenheit einfach nicht in den Kopf.

wormatia.de: „Früher war alles besser“. Was sagst du zu diesem Zitat, gerade im Hinblick auf die aktuelle sportliche Situation, aber auch allgemeine Situation beim VfR Wormatia Worms?

Christian Bub: Der Verein hat rund 70 Jahre lang immer erst- oder zweitklassig gespielt, da hat das Zitat durchaus seine Berechtigung. Allerdings zieht sich durch die Vereinsgeschichte auch ein roter Faden von allerlei Drahtseilakten und einem Jahrzehnte langen Hangeln am Rande des Ruins. Im Gesamtkontext gesehen, geht es dem Verein daher gerade so gut wie seit langem nicht mehr. Damit das so bleibt, muss die Mannschaft jetzt aber endlich auch mal ihren Teil dazu beitragen. Ich will nächstes Jahr nicht nach Betzdorf fahren.

Vielen Dank Christian für den Einblick ins "Archiv"!

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