Mannheimer Morgen: Ratlosigkeit bei der Wormatia

20.08.2004
FUSSBALL: Nach 0:3-Heimpleite tobt Trainer Reichenberger
 

Lässig. So sitzt er mit angewinkelten Beinen auf dem Rasen und schaut umtriebig, fast keck in die Kamera. Es ist Volker Berg (32), Kapitän des Fußball-Oberligisten VfR Wormatia Worms, abgedruckt in einer Werbeanzeige im Stadionheft. "Leistungsträger", lautet der dazugehörige Slogan.

Davon gibt es beim VfR momentan zu wenig. Vier Punkte aus vier Spielen – es herrscht kollektive Ratlosigkeit beim Traditionsklub. Die 0:3-Heimpleite am Mittwoch Abend gegen den FK Pirmasens war der vorläufige Höhepunkt in einer Reihe spielerisch überaus dürftiger Vorstellungen. Den Kernsatz in der Pressekonferenz präsentierte VfR-Coach Max Reichenberger gleich zu Beginn seiner Spielnachlese. "Ich hatte zu keiner Phase der Partie den Eindruck, dass sich die Mannschaft selbst aus dem Sumpf ziehen kann." Damit ist das ganze Ãœbel angesprochen: die Mannschaft ist völlig leblos.

Nichts dieser peinlichen 90 Minuten gibt Anlass zur Hoffnung, dass bald Besserung einkehrt. Genaue Pässe? Selbst über kurze Distanzen wurden missglückte Abspiele am Fließband produziert. Einsatzwille und Laufbereitschaft? Die Mannschaft ergab sich nach dem 0:1 durch Miguel Carvalho (52.) ihrem Schicksal und trabte weiterhin gemächlich übers gepflegte Grün. VfR-Boss Fritz Bergemann-Gorski: "Ich habe den Eindruck, die Spieler sind nicht fit. Das werde ich auch dem Trainer sagen." Spielsystem und durchdachte Kombinationen? Geschenkt. Torchancen? Fehlanzeige.

Das ganze Elend dieser Elf und den ganzen Zorn des Trainers verdeutlichte die Auswechslung Volker Bergs zur Pause. "Von der Leistung her", so gab der Spielführer hinterher zu, "kann ich es nachvollziehen. Ich hätte als Trainer vielleicht auch so gehandelt." Doch diese Maßnahme muss für ihn wie eine schallende Ohrfeige gewirkt haben. Denn für Berg wurde der 18-jährige Nachwuchsspieler Jan Kiessling eingewechselt. Freilich konnte auch der Youngster keinerlei Akzente setzen. Wie verzweifelt muss ein Trainer sein, wenn er seinen verlängerten Arm auf dem Feld derart demontiert? Berg überlegte sich seine Worte gut. Dennoch fiel der folgende Satz: "Ob es richtig ist, den Kapitän in solchen Situationen auszuwechseln, sei dahin gestellt."

In ähnlicher verbaler Zurückhaltung übte sich Reichenberger nicht. Man musste nicht einmal provokante Fragen stellen, um dem Bayern markige Statements abzuringen. Sie kamen von selbst und das reichlich. "Schlechter geht es nicht. Wenn der Gegner führt, können wir vom Platz gehen. Wir sind nicht in der Lage, Fußball zu spielen."

Binnen nur vier Spieltagen prasselte auf die Wormatia-Spieler soviel öffentlich geäußerte Kritik nieder wie unter Reichenbergers Vorgänger Dirk Anders nicht in zwei Jahren. Das Auftreten des Coachs trifft nicht überall auf Gegenliebe. Berg: "Wenn jemand am Boden liegt, muss man nicht auch noch drauf hauen." Unmut macht sich breit. "Ich weiß nicht, warum ich draußen bin", äußert beispielsweise ein gefrusteter Rainer Hauck: "Aber ich bin hierher gekommen, um Fußball zu spielen."

Das waren sie irgendwie alle. Nur gemacht haben sie es bisher noch nicht. Und noch immer weiß niemand, wann sie damit anfangen wollen. elv