Mannheimer Morgen: Wormatia Worms legt ihre Bescheidenheit ab
12.12.2002
FUSSBALL: Oberliga-Tabellenführer
revidiert das Saisonziel nun auch offiziell / Die
Nibelungenstädter wollen in Liga drei
Er sitzt etwas abseits im fein hergerichteten VIP-Raum, leicht kränkelnd, problemlos könnte man ihn übersehen. Doch mit seinen Worten richtet er die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Sein Name: Fritz Bergemann-Gorski. Sein Job: Erster Vorsitzender des Sensationstabellenführers der Fußball-Oberliga Südwest, VfR Wormatia Worms. Mit klarem Blick formuliert er eine Zielsetzung, die vor Saisonstart als völlig utopisch gegolten hätte: "Wir wollen aufsteigen. Ich sage dies ganz deutlich, denn ich halte nichts von Understatements." Erstmals ist es nun offiziell: Der VfR Wormatia Worms peilt die Regionalliga an. Wer hätte das gedacht? Vergangene Saison dem Abstieg in die Verbandsliga nur durch die angestrebte und inzwischen gescheiterte Fusion der beiden Mannheimer Vereine Waldhof und VfR entronnen, überwintert der Traditionsklub mit 42 Zählern als Tabellenführer. "Wunder Worms" wurde bereits angesichts der Wandlung des VfR vom Fastabsteiger zum Meisterschaftskandidaten getitelt. "Viele Spieler wissen gar nicht, wie gut sie sind", urteilte VfR-Coach Dirk Anders gegenüber dem "Südhessen Morgen" vor Rundenbeginn. Er war überzeugt von der Mannschaft, die er in sehr kurzer Zeit zusammenstellte und zusammenschweißte. "Ich musste richtiggehend Ãœberzeugungsarbeit leisten", impfte der Ex-Profi, der vergangene Saison noch für Worms die Fußballschuhe schnürte, seiner jungen Truppe Siegermentalität ein. "Ich kann mich noch erinnern, wie wir nach den ersten sechs, sieben Spielen in der Kabine standen und uns fragend anschauten: Haben wir Glück oder sind wir wirklich gut?", schaut auch der Bürstädter Wormatia-Kapitän Volker Berg zurück und fügt an: "Das ist die beste Wormatia seit ich hier bin." Inzwischen ist das Siegen für die Anders-Elf zur Selbstverständlichkeit geworden: "Ich will reagieren und nicht agieren", gab der sportliche Leiter seinen Spielern mit auf den Weg, und dies heißt nichts anderes, als "dass wir gegen jeden Gegner einfach unser Spiel machen" (Berg). Und das Selbstvertrauen, die Gier nach weiterem Erfolg steigt. Anders: "Wir wissen nun, was es für ein schönes Gefühl ist, ganz oben zu sein, und da wollen wir auch bleiben." Ob dies mit Neuverpflichtungen in Angriff genommen wird, ist noch offen: "Wir holen nur jemanden, wenn es sich anbietet, vielleicht einen für die Defensive", versieht Bergemann-Gorski Transferaktivitäten nicht mit dem Etikett der Dringlichkeit. Warum auch? "Das Team hat das Potenzial, Meister zu werden." Doch Anders gibt zu bedenken: "Wir müssen uns vor bestimmten Situationen schützen." Er spielt damit auf die Tatsache an, dass wegen des verletzungsbedingten Ausfalls der beiden etatmäßigen Keeper Holger Strack und Tristan Serr zum Ende des Sportjahres der 37-jährige Ib-Keeper Bernd Busch zwischen die Pfosten musste. Doch auch davon ließ sich die Wormatia nicht erschüttern und lebt gerne mit der Rolle des Gejagten, die Mitte Oktober noch niemand akzeptieren wollte. Damals gab beispielsweise der Mainzer Manager Christian Heidel die Parole aus "so lange wie möglich" an der Wormatia dran bleiben zu wollen und erntete bei den Geschmeichelten nur Lächeln – doch aus Spaß ist mittlerweile Ernst geworden. |