wormatia.de | Den Tabellenführer fast gestürzt

12.03.2011

Von: Christian Bub


2.750 Zuschauer sehen eine famos aufspielende Wormatia, die verdient durch Stark und Hübner in Führung geht und in der Schlussminute durch einen fragwürdigen Handelfmeter um drei Punkte gebracht wird.

Wenn der Trainer des Tabellenführers glücklich ist, einen Punkt aus Worms mitgenommen zu haben, dann kann es dafür zwei Gründe geben: Entweder seine Mannen waren zu schlecht, oder die Wormaten überragend. Nun, es war von beidem etwas. Dass der Tabellenführer zu Gast ist, war von Anpfiff weg jedenfalls nicht zu erkennen. Selbstvertrauen und Souveränität eines Spitzenreiters waren in der Körpersprache der Spieler nicht zu lesen. Spielerisch, läuferisch, kämpferisch – Kassel enttäuschte in der ersten Halbzeit in allen Bereichen. „Note 7“ gab Mirko Dickhaut seiner Mannschaft in der Pressekonferenz, der sich nicht anders zu helfen wusste, als die Partie mit einer großen Portion Sarkasmus zu kommentieren. Torschüsse? Keine. Doch das lag nicht nur am eigenen Unvermögen, das lag zu einem gehörigen Teil an den gastgebenden Wormaten, die fast sensationelle erste 45 Minuten hinlegten. Viele unbekannte Gesichter tummelten sich unter den 2.750 Zuschauern und die rieben sich verwundert die Augen angesichts des Feuerwerks, dass der Tabellenvierzehnte gegen den Ersten hier phasenweise abbrannte.

Zunächst ging es jedoch eher verhalten los. Nico Adami, für den an der Hand verletzten Kevin Knödler im Tor, sorgte für den ersten erhöhten Adrenalinspiegel, als ihm beim Rückpass die Ballannahme missglückte und er gerade noch vor dem Hessen-Stürmer klären konnte (12.). Im Gegenzug hämmerte Martin Gollasch eine Direktabnahme in den vierten Stock, tückisch war der Ball kurz vorher aufgesprungen. Bei Kevin Wittkes Aufsetzer musste sich Morten Jensen kräftig strecken (15.), zwei Minuten später begrub er auch Lucas Oppermanns Versuch unter sich. Die Flugbahn einer hohen Flanke schätzte er allerdings falsch ein, Rudi Hübner konnte auf der Torauslinie jedoch nicht viel damit anfangen (17.). Eine Minute später konnte er nach einem weiten Pass den Ball mit dem Rücken zum Tor behaupten und auf Oppermann ablegen – abgeblockt. Dann aber war es soweit: Oppermann schlug eine Freistoßflanke mit viel Effet in den Strafraum, die dort abgelenkt wurde und Jensen nur abklatschen konnte. Sandro Rösner scheiterte aus zwei Metern an Jensen und Pfosten, von wo der Ball glückerweise gegen Marco Stark prallte und dieser im Fünfmeterraum zur verdienten Führung eingrätschen konnte (19.). Spektakulär tankte sich Gollasch danach auf der Torauslinie durch und holte einen Eckball heraus, einen wuchtigen Schuss klärte Jensen per Fußabwehr (24.) und Rösner köpfte bei einer weiteren Ecke drüber (26.). Das letzte Highlight setzte wieder Gollasch. Nachdem einmal mehr im Mittelfeld der Ball erobert und nach vorne gepasst wurde, erlief er sich mit einem enormen Sprint das Spielgerät und ließ dabei den eigentlich besser postierten Gundelach alt aussehen. Schade dass dieser Einsatz nicht mit dem 2:0 belohnt wurde, Oppermann schloss die Szene mit einem Flachschuss ab (44.). Mit verdientem Applaus ging es in die Kabine.

Es war nicht verwunderlich, dass Wormatia ihr Tempo nicht über 90 Minuten halten konnte. Man stand nun tief und sparte die Kraft für den entscheidenden Konter, Kassel kam dadurch vermehrt an den Strafraum. Ersten Unmut gab es nach einer Stunde, da das Schiedsrichtergespann bei einem Wittke-Pass – wohl zu unrecht – auf Abseits entschied. Oppermann wäre frei auf Jensen zugelaufen. Ansonsten war nun aber Kassel am Drücker und kam nach einem blitzsauberen Spielzug zum nicht mehr überraschenden Ausgleich durch Brechler (71.). Doch Wormatia hatte ja noch Kraft für den einen entscheidenden Konter gespart – und den setzte sie in der 84. Minute. Blitzschnell rollte dieser nach einer abgewehrten Ecke von Kassel über den starken Gollasch und den einmal mehr überragenden Oppermann, dessen Flanke Rudi Hübner im Fünfmeterraum per Kopf in die kurze Ecke wuchtete und damit die Zuschauer aus den Sitzen riss. Was wäre das für ein Ausrufezeichen im Abstiegskampf gewesen, wenn, ja wenn Schiri Kircher nicht in der Schlussminute auf Handelfmeter für Kassel entschieden hätte. Vielleicht hatte er noch die Szene kurz vor dem 1:1 im Kopf, als Mayer im Wormatia-Strafraum grenzwertig zu Fall kam und seine Pfeife stumm blieb. Jedenfalls flankte Pokar Sandro Rösner aus einem Meter ins Gesicht – ob auch die Hand dabei war, lässt sich auch auf den Fernsehbildern nicht klären. Mayer war es egal, er versenkte vom Punkt sicher zum 2:2-Endstand (90.).

„Damit müssen wir leben, also leben wir damit.“ kommentierte Ronny Borchers die strittige Szene im Anschluss. Und ein 2:2 hätte wohl jeder im Stadion vor dem Spiel gerne angenommen... Außerhalb des Spielfeldes blieb übrigens alles friedlich, vom im Vorfeld in der Presse aufgeregt angekündigten "Rotspiel" war nichts zu spüren.


Wormatia Worms

Adami - Lang, Rösner, Stark, Krettek - Wittke, Schröer, Böcher, Gollasch (85. Wagner) - Hübner, Oppermann.

KSV Hessen Kassel
Jensen - Gundelach, Zepek, Neunaber (46. Grembowietz), Weigelt - Koitka, A. Mayer, Gaede, Asaeda (46. Pokar) - Th. Bauer (58. Damm), Brechler.

Tore: 1:0 Stark (19.), 1:1 Brechler (71.), 2:1 Hübner (84.), 2:2 Mayer (90./Handelfmeter)

Gelb: Böcher - Brechler, Koitka

Schiri: Kircher (Rottenburg)

Zuschauer: 2.750


Spielbericht von hr-online (Video)

Pressekonferenz (MP3)