Wormser Zeitung: Ein ganz besonderes Spiel
11.09.2014Von Andreas Riechert
WORMATIA Bei 5:1-Heimsieg über FC Homburg steht auch das Gedenken an Raphael Hügel im Mittelpunkt
WORMS – Es waren zweifellos besondere Stunden in der EWR-Arena. Und das gleich in zweierlei Hinsicht. Einerseits erlebten Fans und Spieler einen Abend voller sportlicher Höhepunkte, an dem die wie entfesselt aufspielende Wormatia den FC Homburg mit einer deftigen 5:1-Packung im Gepäck auf die Heimreise ins Saarland schickte. Andererseits stand vor und nach der mitreißenden Partie das Gedenken an Raphael Hügel im Mittelpunkt. Der langjährige Fanbeauftragte und Kassenprüfer der Wormaten war Ende August nach langer Krankheit im Alter von nur 33 Jahren verstorben.
Beeindruckende Choreo
Vor dem Anpfiff des Fußball-Regionalligaspiels hatten sich die Wormatia-Anhänger eine eindrucksvolle Choreo für den Gründer der Supporters Worms ausgedacht, der für die Wormatia seit Mitte der 1990er Jahre in zahlreichen ehrenamtlichen Funktionen tätig gewesen war. Eine große DKMS-Typisierungsaktion im Oktober vergangenen Jahres hatte Hügel federführend geplant. Und auch sonst war er aus dem Vereinsgeschehen nicht wegzudenken. Sei Tod hat eine große Lücke hinterlassen, die kaum zu schließen sein dürfte.
Umso betretener waren die Mienen der Wormser Kicker, als sie vor der Gedenkminute für Hügel mit einem ihm gewidmeten Transparent aufs Feld liefen. „Der letzte Mohikaner“ war darauf zu lesen – eine einfühlsame Ehrerbietung und Anteilnahme gegenüber dem Verstorbenen. Langer Applaus brandete nach dem stillen Gedenken auf, die Wormatia-Mannschaft schien das Duell gegen die Homburger auch und vor allem für Raphael Hügel gewinnen zu wollen. Wild entschlossen und voller Leidenschaft trat die Heimelf dann auch auf, spielte den bemitleidenswerten FCH phasenweise an die Wand.
Allen voran Jonathan Zinram, der mit seinen vier blitzsauberen Torvorlagen bekanntlich zum gefeierten Star des Abends wurde. Ganz nebenbei trug er maßgeblich zum ersten Saisontreffer von Sascha Wolfert bei. Der Angreifer markierte das 2:0 und war danach spürbar erleichtert. „Der Knoten ist jetzt endlich geplatzt“, strahlte der Ex-Wiesbadener, der Zinrams Auftritt ausdrücklich lobte. „Er hat heute nochmal eine Schippe draufgelegt und bewegt sich unglaublich leichtfüßig im Moment“, attestierte Wolfert dem ehemaligen Mainzer. Wie VfR-Coach Sascha Eller blieb auch Wolfert bei aller um sich greifenden Euphorie nach der Wormatia-Gala auf dem Teppich. „Unser Ziel ist der Klassenerhalt, wir denken weiter von Spiel zu Spiel“, betonte der 24-Jährige.
Im Hintergrund genossen seine Teamkameraden die stehenden Ovationen des begeisterten Publikums, feierten ausgelassen mit ihren treuen Anhängern, machten die Welle vor den Tribünen. Längst brannte das Flutlicht, im Hintergrund erklang „You‘ll never walk alone“ aus den Lautsprechern. Gänsehaut-Atmosphäre. Unterdessen kauerten die Homburger fassungslos auf dem Rasen, konnten ihr 1:5-Debakel nicht begreifen. „Ich hatte meine Mannschaft vorher extra noch vor Worms gewarnt. Das ist ein ganz anderes Team als im vergangenen Jahr, sie treten jetzt wirklich als Einheit auf“, stammelte FCH-Coach Jens Kiefer. Die bittere Niederlage war ihm gehörig aufs Gemüt geschlagen. Das war bei jedem seiner Erklärungsversuche für die Pleite zu spüren.
Wormatias-Torjäger Florian Treske, der für den auf der Bank verletzt mitfiebernden Max Mehring als Kapitän aufgelaufen war und wieder getroffen hatte, war‘s herzlich egal. „Was wir heute in der ersten Halbzeit abgeliefert haben, war eines der besten Spiele, die ich seit Jahren erlebt habe. Das war ein Ausrufezeichen von uns!“, unterstrich Treske. Zur Leistung von Jonathan Zinram, der ihm den dritten Treffer aufgelegt hatte, hielt er sich kurz: „Wenn er ins Rollen kommt, ist er eine Waffe! Mehr gibt‘s dazu nicht zu sagen“, befand der 27-Jährige. Gab‘s zu Protokoll, und verschwand im Spielertunnel zum Abklatschen mit diversen Wormatia-Betreuern.
Dort stand bereits Sascha Eller. Er hatte „eine Wahnsinnsleistung unserer Mannschaft“ gesehen. „Die Jungs sind einfach füreinander da, das ist großartig“, sagte der strahlende Übungsleiter. Ein Lob für Jonathan Zinram hatte er auch noch parat. „Ich habe viele Gespräche mit ihm geführt, ihm immer wieder klar gemacht, was situativ wichtig ist auf dem Platz“, blickte Eller zurück. All das scheint sich nun auszuzahlen, Zinram zeigt momentan, was in ihm steckt. „Das wussten wir alle schon vorher. Er muss es nur richtig abrufen können“, sagte der VfR-Coach. Und klatschte munter weiter ab. Mit Fans, mit Spielern. Einfach mit allen, die ihn beglückwünschten. Völlig zu Recht.