Wormser Zeitung: Ohne großen Druck besseren Fußball etablieren

14.07.2021

Im zweiten Jahr wollen sich die Frauen von Wormatia Worms in der Regionalliga behaupten. Bereits vor Rundenauftakt steht die erste Teilnahme im DfB-Pokal an.

WORMS – Ist in Rheinhessen von Frauenfußball die Rede, dann denkt jeder erst einmal an die TuS Wörrstadt, den ersten Deutschen Meister der Fußballspielerinnen. Und dann natürlich auch an die Frauen des TSV Schott Mainz, die über Jahre hinweg in der Zweiten Bundesliga Maßstäbe setzten. Die Abschlusstabelle der abgebrochenen vergangenen Spielzeit offenbarte für die Platzhirsche allerdings ein verstörendes Bild. Nicht die Mainzerinnen oder Wörrstadt hatten sich als stärkstes rheinhessisches Team der Regionalliga herauskristallisiert, sondern die Frauen von Wormatia Worms. Gerade wieder aus der Verbandsliga aufgestiegen, eroberten sie den zweiten Platz und durften als Belohnung sogar in den DFB-Pokal aufrücken. In der ersten Runde steht für die Wormserinnen ein Gastspiel bei Thüringenligist ESV Lok Meiningen an. Ein Weiterkommen ist da durchaus im Bereich des Möglichen.

„Wir tun gut daran, das als Momentaufnahme zu verstehen“, will der Sportliche Leiter Stefan Heinrich von einer Wachablösung im rheinhessischen Frauenfußball allerdings nicht reden. „Wir wissen, wo wir herkommen und wollen uns hier alles behutsam aufbauen“, verdeutlicht Heinrich das Konzept, das er gemeinsam mit der Abteilungsleitung Frauenfußball und dem Gesamtverein ganz klar umrissen hat. „Wir wollen wachsen, aber ohne die riesigen sportlichen Ziele.“

Protagonistin in diesem Plan ist Trainerin Svenja Bross, die als neue Trainerin den scheidenden Jens Emmerich beerbt hat. Die A-Schein-Inhaberin, die im Nachwuchsbereich des Badischen Fußballverbands ihre ersten Meriten sammelte und zuletzt als Co-Trainerin des 1. FFC Niederkirchen arbeitete, hat sich auf eine Anzeige der Wormatia im DFB-Net gemeldet. Schnell wurde klar, dass die Gymnasiallehrerin aus Bühl genau der Typ Trainerin ist, den die Wormaten sich vorstellen. „Ich sehe für mich jetzt den Zeitpunkt, meine Vorstellungen vom Fußball zu verwirklichen“, sagt die 30-Jährige. Und bei der Wormatia findet sie ein Umfeld vor, wo ihr genau das ohne übertriebenen Leistungsdruck ermöglicht wird. Das sei der wichtigste Grund für sie, sich drei Mal in der Woche auf die knapp eineinhalbstündige Fahrt nach Worms zu begeben – einfache Strecke wohlgemerkt. Dass das für sie ein klares Zuschussgeschäft werden würde, hat sie dabei bewusst einkalkuliert. „Man kann es romantisch oder pragmatisch sehen. Aber Fakt ist, dass andere Sachen als Geld die treibende Kraft im Frauenfußball sind“, ist sich Bross durchaus im Klaren darüber, dass finanzieller Ertrag und Aufwand in einem argen Missverhältnis zueinanderstehen. Aufgewogen hätten das allerdings die hervorragenden Rahmenbedingungen, die sie in Worms vorfinde. Besonders der Stellenwert des Frauenfußballs im Gesamtverein habe sie überzeugt. „Ich habe mich in den ersten Wochen hier mit vielen Verantwortlichen unterhalten und den Eindruck gewonnen, dass alle unserer Arbeit sehr aufgeschlossen gegenüberstehen“, sagt Bross. Und da meint die Trainerin nicht nur die spontane Entscheidung der Männer-Verantwortlichen, den Frauen für den DfB-Pokal das Stadion freizuhalten.

Saisonziele wollen sich weder Bross noch Heinrich entlocken lassen, schon gar nicht solche, die an konkreten Tabellenplätzen festgemacht werden können. Vielmehr soll der Rückblick nach Saisonschluss der Maßstab werden. „Wenn wir am Ende sagen, das war eine geile Runde, dann haben wir eine gute Arbeit geleistet“, sagt die Trainerin. Und will auch diese Betrachtung dann losgelöst von der Tabelle führen. Und losgelöst von der Frage, wer denn nun die neue oder auch alte Nummer eins im rheinhessischen Frauenfußball ist.