Die Aul, Jahnwiese und Schüsslers Loch
Die Wiege der Wormatia war die „Aul“, ein Acker im sogenannten „Indianerviertel“ hinter den Hallen der Heyl’schen Lederwerke unweit des Vorstadtbahnhofs am Schildweg (östlich der Bahnlinie in Verlängerung der heutigen Schildstraße). Schon vor der Gründung des Vereins im Jahre 1908 kickten dort bereits die späteren Gründungsmitglieder gegen einen mühsam zusammengesparten Ball und dort trug der dann SC Wormatia getaufte Verein auch seine ersten Spiele aus.
Schon im ersten Halbjahr 1909 zog man um in den Osten der Stadt auf den Sportplatz am Wäldchen, besser bekannt als Jahnwiese. Dort spielten auch Union und Viktoria, aus denen später Wormatias Fusionspartner VfR 08 Worms hervorging. Man blieb nicht lange und kehrte nach wenigen Monaten zurück in den Süden zur Aul, hielt aber Ausschau nach einem eigenen Sportplatz. Man fand eine Gelegenheit in der Nähe, den an der heute nicht mehr existenten Frankenthalerstraße (begann ungefähr ab Kirschgartenweg/Speyrer Schlag und kreuzte das heutige TÜV-Gelände) gelegenen Acker der Witwe Schüssler. Am 10. November 1909 schloss man einen Vertrag für das „Schüsslers Loch“ genannte Gelände und zahlte dafür einen jährlichen Pachtzins in Höhe von 450 Mark.
Für die Zeit nach dem ersten Weltkrieg ab 1919 berichtet die Festschrift von 1928, man habe den Spielbetrieb „inzwischen wieder nach der alten Aul verlegt“, die von der Firma Heyl’sche Lederwerke „in liebenswürdiger Weise“ kostenlos überlassen wurde. Das muss allerdings bereits 1913 geschehen sein, denn im Stadtarchiv findet sich ein entsprechender Briefwechsel zwischen Wormatia und Freiherr von Heyl. Man bat seine Exzellenz am 20. Juli 1913, „die Umzäunung des Sportplatzes an der Schildstraße gnädigst genehmigen zu wollen“. So könne man Eintrittsgelder erheben und die schlechte finanzielle Lage verbessern. Da ein Großteil von Wormatias Mitgliedern auch Arbeiter in den Fabriken von Heyls waren, hoffte man hierzu außerdem auf günstiges Baumaterial, und zwar die „im Preise sehr niedrigen, abgängigen Tafeln.“ Damit waren offensichtlich die unzähligen großen Holztafeln gemeint, auf die das Leder aufgenagelt und zum trocknen ins Freie gestellt wurde. Mit Schreiben vom 7. August gab es jedoch eine Absage bezüglich der Umzäunung, da der Platz möglicherweise „in absehbarer Zeit für Firmenzwecke verwendet werden muss“ – vermutlich als weiterer „Tafelacker“ für eben jene Holztafeln.
Durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs war dies erst einmal hinfällig geworden, doch der drohende Eigenbedarf begleitete die Wormaten weiterhin. Bis dahin machte man das unebene Gelände mit großen Anstrengungen bespielbar. Das erledigten die Mitglieder damals selbstverständlich persönlich, was auch für die Markierung des Spielfeldes, den Aufbau der Torstangen und den Kauf der Sportkleidung galt. Das führte zum „abenteuerlichsten Schuhwerk, von den langen, bis ans Knie reichenden Hosen ganz zu schweigen,“ wie Gründungsmitglied Daniel Götz später berichtete. Im Kriegsjahr 1918 wich man aufgrund des schlechten Platzzustandes ab dem Sommer öfter aus und spielte im Hof der Prinz-Carl-Kaserne (heute Prinz-Carl-Anlage).
Umzug ans Schweißwerk nach der Fusion
1922 war es soweit, die Lederwerke benötigten die Aul für Firmenzwecke und die Wormatia musste sich einen neuen Sportplatz suchen. Mit ein Grund für den finanziell gebeutelten Verein, eine Fusion mit dem abgestiegenen VfR 08 Worms einzugehen. Der VfR hatte erst im Vorjahr ein eigenes Spielfeld hergerichtet, auf dem ehemaligen Kiesabladeplatz südlich des Schlachthofs neben dem Schweißwerk. So kamen die Wormaten zu einer neuen Heimstätte im Osten der Stadt direkt am Rhein. Auf der vorhandenen Kiesschicht war ein knochenharter Ascheplatz entstanden, der dank seiner Umzäunung allerdings Zuschauereinnahmen garantierte. Hier ging der neue VfR Wormatia 08 nun vor oftmals zwei- bis dreitausend Zuschauern auf Torejagd.
Mit wachsendem sportlichen Erfolg und der Gründung einer Handballabteilung wurde es langsam eng am Rhein und der Wunsch nach einem richtigen Stadion kam auf. 1927 folgte der Umzug in den Westen der Stadt an die Alzeyer Straße, doch noch Jahre später kehrte man bei Ausweichbedarf immer wieder mal ans Schweißwerk zurück. Dort waren danach der Polizeisportverein und jahrzehntelang bis Juli 2016 der FC Blau-Weiß zuhause.