Kriegsgefangenenlager, Radrennbahn, Fußballstadion
Als es am Schweißwerk zu eng wurde, suchte der Vorstand eine neue Heimat und fand sie schließlich im Westen der Stadt. Von März 1915 bis Ende 1918 befand sich hier ein 22 Hektar großes Kriegsgefangenenlager für bis zu 10.000 russische und polnische, später auch englische, rumänische und italienische Gefangene. Nach Kriegsende nutzten es die Franzosen als Durchgangslager und erst Anfang der 1920er Jahre wurden die Baracken und Zäune (bis auf die Kommandatur – heute Clubhaus) entfernt. Eine dann hier 1924 errichtete Radrennbahn mit dem bereits passenden Namen „Wormatia“ war Konkurs gegangen und suchte nun händeringend nach einem Käufer. Man wurde sich im Februar 1927 einig und begann sofort mit den Arbeiten am neuen „Wormatia-Sportplatz“, „Stadion an der Pfiffligheimer Chaussee“ oder schlicht „Wormatia-Stadion“. Die erst drei Jahre alte Radrennbahn wurde abgerissen und das Gelände eingeebnet. Ohne jegliche Unterstützung der Stadt schufteten über fünfzig Mitglieder Abend für Abend, holten sich angesichts der Massen an Schutt und Erde (ca. 5.000 Kubikmeter) allerdings recht bald Hilfe von örtlichen Unternehmen.
Doch es gab Probleme. Mündlich war man sich mit den beiden Verpächtern des Geländes einig, nach Unterzeichnung des einen Pachtvertrags über sechs Morgen stellte man allerdings überrascht fest, dass die übrigen vier Morgen zwischenzeitlich an die Stadt verkauft worden waren. Die Verhandlungen mit der Stadtverwaltung gestalteten sich schwierig. Und als im Juli 1927 das Spielfeld im Prinzip fertig war und man sich an den Bau der Tribüne mit Wirtschaftsgebäude machen wollte, wurde dies seitens der Stadt kurzerhand abgelehnt. Dort hatte man für den Sportplatzbau nichts übrig, für diesen Teil des Geländes andere Pläne und eigentlich Wohnungen vorgesehen. Der Verein musste sich ernsthafte Gedanken machte, den Stadionbau einzustellen. „In unserem Städtchen war eben die sportliche Idee noch nicht durchgedrungen“, merkte die Festschrift von 1928 kritisch an.
Auf Antrag der Deutschen Volkspartei wurde die Angelegenheit im Bauausschuss behandelt, der dann auch „gewisses Entgegenkommen“ empfahl. Schließlich wurde am 24. November 1927, einen Monat nach dem ursprünglich geplanten Einweihungstermin, doch noch der Baubescheid für die Errichtung „einer Tribüne und eines Ankleideraumes in leichter Bauweise“ erteilt. Es wurde höchste Zeit, denn Wormatia war gerade Bezirksligameister geworden und hatte sich für die Süddeutsche Meisterschaft qualifiziert.
So rollte bereits an Neujahr 1928 gegen die Stuttgarter Kickers erstmals der Ball an der Alzeyer Straße, 6.000 Zuschauer sahen im halbfertigen Stadion zu Preisen zwischen 50 Reichspfennig (Schüler) und 3 Reichsmark (Sitzplatz) einen 3:2-Sieg.
Als das Stadion schließlich fertig war, bot es Platz für 18.000 Zuschauer, was nach heutigen Sicherheitsmaßstäben unglaublich erscheint. Stolz berichtet die Festschrift von 1928:
„Außer einem von einer tadellosen Barriere umschlossenen, 110×70 Meter großen Spielfelde sind rings herum erhöhte Stehtribünen errichtet worden, eine massiv gebaute Tribüne bietet gut 800 Personen vorzügliche Sichtmöglichkeit und beherbergt in ihrem Inneren helle, luftige Umkleidekabinen, Badeeinrichtungen usw. Der Platz selbst ist nach der Alzeyerstraße hin mit einer geschmackvollen Mauer eingefriedigt. Durch ein wuchtig gehaltenes Eingangstor schreitet der Besucher an den sehr zweckmäßig errichteten Kassenhäuschen vorbei, während das Auge beim Betreten der Anlage auf das sich im Vordergrund des Spielfelds reckende Gedächtnismal für unsere Gefallenen fällt, das in seiner schlichten und dennoch wirksamen Gestaltung jeden der Vorübergehenden zu stillem Gedenken an die im Kampfe ums Vaterland gefallenen Vereinskameraden gemahnt. […]
Vgl. Die Geschichte des Vereins für Rasenspiele 08 e.V. Worms a. Rh., in: Festschrift zum 20jährigen Jubiläum des V.f.R. Wormatia 08 e.V. Worms a. Rh., Worms, Deutschland: Wormser Nachrichten Inh. R. Lokay, 1928, S. 28
Von weitem schon grüßt den Spaziergänger bzw. den Besucher unserer Sportanlage das in herrlichem Rot prangende Dach unserer Tribüne, vorzüglich schmiegt sich die Anlage selbst dem Westendviertel der Stadt an und wird vor allen Dingen der Jugend, die doch das Hauptinteresse aller Sportvereine in Anspruch nimmt, einladend den Willkommensgruß entbieten. Möge es dem Verein, der auf seine zum großen Teil aus eigenen Kräften geschaffenen Anlage berechtigt stolz sein darf vergönnt sein, diese Sportstätte für immer sein Eigen zu nennen, auf das sich unsere Jugend daselbst durch Sport und Spiel für den eisernen Kampf des Lebens zu stählen vermag und unserem Vaterlande so beherzte tüchtige Männer, auf deren Schultern es sicher ruhen kann, beschert werden.“