Wer nicht dabei war, hat etwas verpasst. Beim hochklassigen und spannenden 0:0 in Offenbach zeigt Wormatia vor 7.500 Zuschauern eine bärenstarke Leistung und macht Lust auf mehr.
Wenn es nicht gut läuft, wenn man sich nur noch ärgert, wenn der Verein dem Abstieg entgegen taumelt, dann setzt oft der Selbstschutz ein: Oberliga ist doch auch ganz schön. Keine übertriebenen Sicherheitsvorkehrungen mehr, keine arroganten Ordner, die Fahrten sind kürzer und ob jetzt Pfullendorf oder Wirges zu Gast ist, macht von der Attraktivität her auch keinen Unterschied. Außerdem ist das Neunkirchner Ellenfeld auch ein tolles Stadion! Die Saison ist rum, der Klassenerhalt geschafft und wenige Wochen später sieht man ein starkes 0:0 vor 7.500 Zuschauern in Offenbach. Man erinnert sich seiner düsteren Gedanken und fragt sich augenblicklich, ob man eigentlich noch alle Tassen im Schrank hatte. Siebentausendfünfhundertzwei Zuschauer. Wahnsinn. Das sind Auswärtsspiele, von deren Großartigkeit man lange zehren kann.
Dabei ist der erste Eindruck sogar etwas enttäuschend. Statt des fast schon mystisch verklärten alten Bieberer Bergs erhebt sich nur einer dieser topmodernen, aber seelenlosen Neubauten am Ende des kleinen Waldstücks. Wehmütige Gedanken an die gute alte Zeit sind aber spätestens beim Anblick der mit geschätzt 5.000 Mann (und Frau) lautstark gefüllten Gegengerade verflogen. Rund 200 mitgereiste Wormatianer, insgesamt sollen über 300 Gästekarten verkauft worden sein, taten ihr Bestes, um gegen die Übermacht anzusingen. Und 200 Fans können in einem komplett überdachten Stadion überraschend laut sein. Unterhaltungen waren zumindest nur noch schreiend möglich. Fußball kann so toll sein!
Ähnlich beeindruckt war auch die Wormatia-Mannschaft, zumindest bis zur ersten Trinkpause Mitte der ersten Halbzeit. Bis dahin erwehrten sich die Wormaten respektvoll, aber keinesfalls ängstlich, den Angriffen der ohrenbetäubend nach vorne gepeitschten Offenbachern. Da konnte Kickers-Trainer Rico Schmitt im Vorfeld noch so vehement die Favoritenrolle an den offenbar schon feststehenden Meister Wormatia abschieben, die Wahrheit zeigt sich immer auf dem Platz. Und da hatte der OFC, wenig überraschend, zunächst einmal die Hosen an. Für die Wormaten ging es erst einmal darum, die Anfangseuphorie der Gastgeber unbeschadet zu überstehen und sich zu akklimatisieren. Das klappte auch, weil der bullige Cappek seine Riesenchance nicht nutzte und am langen Eck vorbei zielte (14.). Eine halbe Chance hatte ansonsten nur Bäcker (22.), dessen Kopfballverlängerung Rainer Adolf mit der gleichen beeindruckenden Seelenruhe abfing, wie auch die Offenbacher Eckbälle. Kurz zuvor hätte es Elfmeter für die Wormaten geben können, weil Alper Akcam, vom Gästeblock aus hervorragend zu sehen, durchaus ahndungswürdig weggecheckt wurde. Nicht die einzige Ruppigkeit in einem von beiden Seiten hart aber herzlich geführten Spiel. Ebenfalls klar zu sehen, dass Srdjan Baljak sich regelwidrig seines Gegenspielers entledigte und sein Treffer deshalb zu Recht nicht zählte (36.). Zu diesem Zeitpunkt war der erste Elan der Kickers etwas verflogen und die Wormaten tasteten sich immer weiter Richtung gegnerisches Tor. Markus Müller, nach seiner Platzwunde von letzter Woche mit Kopfverband, bekam den Fuß nicht richtig in El Hammouchis scharfe Hereingabe (38.), eine Freistoßflanke köpfte er drüber (43.). So gab es nach dem Halbzeitpfiff im Gästeblock zufriedene Gesichter und anerkennendes Nicken. Das sah gut aus!
Und die zweite Hälfte wurde noch besser. Ein richtig spannendes, ausgeglichenes Spiel auf hohem Niveau mit zwei bärenstarken Teams. Nun schaltete Baljak einen Gang hoch und leitete gleich vier brandgefährliche Situationen ein. Zunächst verpassten Erdal Celik und Müller seine Flanke (53.), dann legte er auf Alper Akcam ab, dessen Schuss die Oberkante der Latte touchierte (65.), an der nächsten Hereingabe rutschte Kevin Wölk vorbei (66.) und eine weitere Ablage vollendete Wölk mit einem Flachschuss, den Torwart Endres unter sich begraben konnte (67.). Es begann ein offener Schlagabtausch, den beide Teams mit einem einzigen Torerfolg hätten für sich entscheiden können. Gjasula war mit seinem Schlenzer am nächsten dran (80.), Cappeks strammen 20-Meter-Schuss musste Adolf wegfausten (86.). Auf Wormatia-Seite wurde Marcel Abele im letzten Moment abgeblockt (82.) und eine Eckballserie in der Nachspielzeit brachte Chancen für Wölk und Müller, der in der letzten Szene des Spiels über das Tor köpfte.
So endete eine Partie, die keinen Verlierer verdient hatte, mit viel Applaus aus beiden Fanlagern und der erfreulichen Gewissheit, dass diese neue Wormatia-Mannschaft endlich wieder Spaß macht und den Fans noch viel Freude bereiten wird. Wer jetzt immer noch keine Lust verspürt, sich nächsten Samstag gegen Homburg ins Stadion zu bewegen und sich davon selbst überzeugt, dem ist wohl nicht mehr zu helfen.
Tore: Fehlanzeige
Gelb: Gjasula (6.), Wilke (14.), Maier (74.) / E. Celik (10.), Akcam (49.), Rösner (54.), Abele (84.)
Zuschauer: 7.502 Schiedsrichter: Fritz (Korb)
Wormatia Worms
Adolf – El Hammouchi, Steil, Rösner, Himmel – E. Celik (63. Abele), Sträßer – Akcam (74. Oppermann), Wölk, Baljak – M. Müller.